“Über Kriege und wie man sie beendet”. So hat der Historiker Jörn Leonhard ein 2023 erschienenes Buch überschrieben. Die Konferenz von Potsdam ist ein negatives Beispiel. Sie legte den Grundstein für den Kalten Krieg.
Wie schließt man Frieden? Angesichts der Kriege in der Ukraine, im Gaza-Streifen und zwischen Israel und Iran stellt sich die Frage mit großer Dringlichkeit. Umso mehr lohnt ein Blick auf die Potsdamer Konferenz, bei der die drei Siegermächte des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren um die Nachkriegsordnung rangen. Würden Spaltung und Misstrauen auch 1945 den Frieden vergiften wie nach 1919?
Nazi-Deutschland war zwar besiegt, aber Japan kämpfte zäh weiter. Das Foto der “großen Drei” sollte Optimismus und Einigkeit ausstrahlen: Großbritanniens Noch-Premierminister Winston Churchill, der neue US-Präsident Harry S. Truman und der sowjetische Diktator Josef Stalin präsentierten sich der Weltpresse zum Handshake. Doch das Lächeln war Fassade: In harten Verhandlungen legten die Chefs der drei Siegermächte vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 im Schloss Cecilienhof bei Potsdam auch die Grundlagen für den Kalten Krieg und die deutsche Teilung. Frankreich spielte nur eine Nebenrolle.
Berlin lag in Trümmern. Deshalb fand die Konferenz in der kaum zerstörten preußischen Residenzstadt statt. Das Schloss im Neuen Garten verfügte über weit mehr als hundert Zimmer und vor allem einen großen Saal, der das Herzstück der Konferenz bilden sollte. Derzeit wird der Prachtbau der Hohenzollern saniert und ist für drei Jahre geschlossen.
Schon die Anreise war beschwerlich: Truman musste auf dem Kreuzer S.S. Augusta über den Atlantik nach Antwerpen reisen und dann von Brüssel aus mit der Präsidentenmaschine “The Sacred Cow” (“Die heilige Kuh”) nach Berlin fliegen. Stalin kam deutlich verspätet: Der Generalissimus hatte kurz zuvor einen Schwächeanfall erlitten. Zudem hatte er Flugangst. Er bestieg einen Zug, den man extra aus einem Museum geholt hatte – nachdem der Schienenweg mühsam von Moskau nach Potsdam eingerichtet wurde.
Während die Regierungschefs sich in ihren Residenzen in der Villenkolonie Neubabelsberg Besuche abstatteten, die Trümmer von Berlin besichtigten und zu Verhandlungsrunden im Schloss zusammenkamen, wurde Truman am 16. Juli vom ersten erfolgreichen Atombombentest in der Wüste von New Mexico unterrichtet. Wenig später gab er von Potsdam aus die Anweisung zum Abwurf der Atombombe. Das militärische Ziel war das Ende des Krieges mit Japan, aber Adressat war auch ein anderer – nämlich der russische Diktator, der sich anschickte, die Sowjetunion zur Weltmacht zu machen.
Der Jubel über den Sieg gegen Nazi-Deutschland war im Sommer 1945 längst einem politischen Tauziehen gewichen. In den Verhandlungen wurde schnell klar, dass die ehemals Verbündeten nun Konkurrenten um die Vorherrschaft in Europa waren.
Zumindest auf dem Papier herrschte Einigkeit darüber, Deutschland zu entnazifizieren und zu demokratisieren. Im Potsdamer Abkommen, das am 2. August veröffentlicht wurde, wurden unter anderem die Teilung Deutschlands in vier Besatzungszonen und seine Entmilitarisierung festgeschrieben. Die Siegermächte kamen überein, dass sie ihre Reparationen durch Entnahmen aus der eigenen Besatzungszone befriedigen wollten, ohne das Land auf längere Sicht zu ruinieren.
Nationalsozialistische Parteien und Einrichtungen wurden verboten, Verfahren gegen Kriegsverbrecher vereinbart. “Das deutsche Volk muss überzeugt werden, dass es eine totale militärische Niederlage erlitten hat und dass es sich nicht der Verantwortung entziehen kann für das, was es selbst dadurch auf sich geladen hat”, hieß es.
Die politischen Ziele des Abkommens wurden in den folgenden Monaten weithin umgesetzt. Aber die in Potsdam betonte Absicht, Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln, scheiterte. Die Teilung Deutschlands nahm ihren Lauf.
Beschlossen wurde auch die Ausweisung von Deutschen aus osteuropäischen Ländern wie Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn. Sie sollte “in ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen”, hieß es im Abkommen. Die Realität aber sah anders aus: Es folgte eine brutale Vertreibung von Millionen Deutschen. Viele überlebten das nicht.
Etliche der Potsdamer Artikel wurden nur provisorisch formuliert, weil ein Friedensvertrag mit Gesamtdeutschland folgen sollte. Der kam allerdings nicht zustande. Erst mit Abschluss der “Zwei-plus-Vier-Gespräche” bekam Deutschland 1990 eine völkerrechtlich bindende Regelung, die den Nachkriegszustand und die noch bestehenden Besatzungsrechte der Alliierten beendete.