Populärphilosoph Precht kritisiert “außenpolitischen Moralismus”

Früher war die deutsche Außenpolitik leise und erfolgreich, findet Richard David Precht. Heute sei es komplett anders. Das bedauert er, denn: “Verbale Handkantenschläge helfen niemandem”.

Der Populärphilosoph Richard David Precht kritisiert einen “außenpolitischen Moralismus” bei den Grünen. An einer werteorientierten Außenpolitik führe kein Weg vorbei, sagte Precht dem Berliner “Tagesspiegel” (Mittwoch). Andere zu belehren sei in der Außenpolitik aber immer die falsche Wahl. “Verbale Handkantenschläge helfen niemandem.”

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) habe zum Beispiel mit der Bezeichnung des chinesischen Präsidenten als “Diktator” viel “internationales Porzellan zerschlagen, ohne dass den Menschenrechten damit gedient” gewesen sei. “Wenn ich Menschenrechtsverletzungen anprangere, dann muss ich das immer und überall in gleichem Maße tun”, so Precht weiter. “Dann kann ich nicht China Vorwürfe machen, aber Saudi-Arabien mit Samthandschuhen anfassen. Wenn mit zweierlei Maß gemessen wird, dann bringt sich eine wertegeleitete Außenpolitik um ihre Glaubwürdigkeit. Die so wichtige Moral wird dann zu Recht als scheinheilig empfunden. Und das zerstört sie.”

Aus Sicht von Precht war die deutsche Außenpolitik früher besser. “Deutschland hat meistens international eher leise Töne angeschlagen und wurde in der Welt für seine Diplomatie geschätzt.” Das habe sich mit der Ampelregierung geändert. “Wir treten lauter auf, drastischer, und sprechen sehr viel stärker öffentlich in moralischen Kategorien. Allerdings ohne jeglichen Erfolg.” Diplomatie, so der 59-Jährige, sei die Kunst der leisen Töne, und diese Kunst gehe leider verloren und damit auch die Erfolge.

Der Bestsellerautor (“Wer bin ich und wenn ja, wie viele”) hat aktuell das Buch “Das Jahrhundert der Toleranz – Ein Plädoyer für eine wertegeleitete Außenpolitik” veröffentlicht.