Artikel teilen:

Polka statt Pillen – Tipps für die häusliche Pflege

Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit demenziellen Veränderungen kann Pflegende irritieren. Statt vorschnell zu Psychopharma zu greifen, rät der Kölner Pflegeexperte Henry Kieschnick, diesem Verhalten auf den Grund zu gehen. Hier ein paar Anregungen, auch für die häusliche Pflege durch Angehörige und 24-Stunden-Kräfte.

– : Um Menschen mit Demenz gut unterstützen zu können, sollten die Pflegenden Kenntnisse über Demenz und andere relevanten Alterserkrankungen erwerben, etwa durch Schulungs- und Beratungsangebote vor Ort.

– Schreien, Tätlichkeiten gegen sich und andere oder Unruhe mit Bewegungsdrang sind oft eine Ausdrucksform für nicht erfüllte Bedürfnisse des alten Menschen. Weil dieser aufgrund seiner Erkrankung Wünsche, Gefühle, Anliegen und Probleme aber nicht mehr benennen könne, müsse er eine andere Form dafür finden, erklärt Kieschnick.

– : Tätlichkeiten gegen sich und andere, unflätige Bemerkungen oder andere Ausfälle von Gepflegten sind auf die Demenzerkrankung zurückzuführen.

– : Herausforderndes Verhalten bei einem alten Menschen kann viele Gründe haben, etwa Hunger, Harndrang, Angst, Heimweh, aber auch laute Geräusche und störendes Licht.

-: Konstante Bezugspersonen, Berührungen und individuell geeignete Beschäftigungen wie das vertraute Kartoffelschälen tragen zum Wohlbefinden von Menschen mit Demenz bei. Durch kleine Alltagsbewegungen kann auch der oft demenztypische Bewegungsdrang kanalisiert werden. Der Kontakt zu Haustieren tue einem betagten Menschen ebenso gut wie das Tanzen.

– : “Menschen mit Demenz können sich Gegenstände oft nur über das Anfassen erschließen beziehungsweise fassen gerne Dinge an”, erklärt Kieschnick. Man sollte ihnen deshalb geeignetes Material anbieten, das ein haptisches Erleben ermöglicht. Auch Material zum Anfassen sorge für Wohlempfinden.

– Darin können Fotos und Gegenstände aufbewahrt werden, die dem alten Menschen wichtig sind und die für eine kleine Beschäftigung genutzt werden können.

– Festgelegte Abläufe und Zeiten sollten bei der Betreuung von demenziell veränderten Menschen hinterfragt werden. Sie haben oft einen anderen Rhythmus, deshalb sollten ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen und im Tageslauf angemessen berücksichtigt werden. Frühstück, Körperpflege, ein Schläfchen oder Aktivitäten müssen nicht immer zur selben Zeit stattfinden.

– Betagte Menschen nehmen oft viele Medikamente gleichzeitig; je mehr, desto häufiger kommt es zu möglichen Wechsel- und Nebenwirkungen. Selbst einfache Medikamente können so laut Kieschnick Schwindel, Verwirrtheit oder Alpträume verursachen. Hausarzt und mögliche Fachärzte sollten sich bezüglich der Medikamentengabe untereinander abstimmen.

– : Auch Apotheken können behilflich sein, wenn es um Neben- und Wechselwirkungen geht. Ab fünf dauerhaft verabreichten Mitteln spricht man von “Polymedikation”.

– : Wer sich um Menschen mit Demenz kümmert, ist besonderen Belastungen ausgesetzt. Deshalb sollten Pflegende laut Kieschnick auch gut für sich sorgen “und viel mehr Hilfe in Anspruch nehmen, damit sie selbst nicht krank werden”. Tagespflege-Angebote für Menschen mit Demenz können ebenso entlasten wie der Besuch einer Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige.