Trotz des vermutlich schlechtesten Abschneidens bei einer Landtagswahl seit Jahrzehnten sitzt Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder bei der CSU nach Ansicht von Politologin Ursula Münch weiter fest im Sattel. Dies habe auch mit der Situation zu tun, dass es in Bayern „rechts der politischen Mitte sogar zwei Parteien“ mit den Freien Wählern und der AfD gebe, sagte die Direktorin der Politischen Akademie in Tutzing am Sonntagabend dem Evangelischen Pressedienst (epd) in München. Vielmehr dürften viele in der CSU „geradezu erleichtert sein“, dass man besser abgeschnitten habe als in mancher Wahlumfrage.
Für das gute Abschneiden der Freien Wähler trotz der sogenannten Flugblattaffäre rund um Parteichef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger machte Münch die Tatsache verantwortlich, dass sich die Wählerinnen und Wähler mit Aiwanger solidarisiert hätten. Dies aber nicht deshalb, weil sie die Thesen und Aussagen des Flugblatts teilen würden, sondern weil es dem Parteichef Aiwanger gelungen sei, „vor allem das Verhalten der Medien zu seinen Gunsten zu skandalisieren“, betonte Münch. Wenn Vertreter der Freien Wähler sagten, das Land habe größere Probleme als ein altes Flugblatt, dann träfen sie damit die Stimmung der Wähler.
Das Abschneiden der SPD, die nach den Hochrechnungen ihr schlechtes Landtagswahlergebnis in Bayern aller Zeiten einfahren wird, sei „ein komplettes Debakel, an dem es überhaupt nichts zu beschönigen gibt“. Die SPD komme im ländlichen Raum „überhaupt nicht mehr vor“, in den Städten werde sie in der Konkurrenz zwischen Grünen und CSU zerrieben. Auch bei den jüngeren Wählern schneide sie schlecht ab: „Insofern gibt es nichts, worauf die SPD in Bayern hoffen kann.“ Angesichts dieser Entwicklungen seien mittlerweile Landtagswahlen denkbar, bei denen die Sozialdemokraten an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnten, sagte Münch.
Mit dem Sonderstatus der CSU innerhalb der Unionsfamilie dürfte es nach dieser Landtagswahl nach Ansicht Münchs ebenfalls vorbei sein. „Man wird sich künftig sehr schwertun, für sich zu reklamieren, dass man etwa durch ein überdurchschnittlich gutes Abschneiden der CSU bei der Bundestagswahl für das gute Abschneiden der Union insgesamt maßgeblich verantwortlich ist.“ Die Sonderstellung der CSU als Regionalpartei, die auch auf Bundes- und Europaebene bayerische Interessen vertritt, werde sie gleichwohl weiter behalten, erläuterte die Politologin: „Das wird ein Markenkern der CSU bleiben – und ihr Alleinstellungsmerkmal in der Union.“
Laut der ARD-Hochrechnung (Stand 19.30 Uhr) erreichte die CSU bei der Landtagswahl 36,8 Prozent, die AfD wurde mit 15,5 Prozent zweitstärkste Kraft vor den Grünen mit 15,4 Prozent. Die Freien Wähler kommen auf 14,7 Prozent, die SPD auf 8,1 Prozent. Die FDP verpasste mit 2,9 Prozent den Wiedereinzug in den Landtag. (00/3256/08.10.2023)