Politologe: Rechtsextreme wittern ihre Chance

Angesichts wachsender Demokratiemüdigkeit in Deutschland warnt der Essener Rechtsextremismus-Forscher Klaus-Peter Hufer vor einer „Unterwanderungsstrategie“ rechtsextremer Kräfte.

Immer häufiger tauchen Plakate mit völkischen Parolen bei Demonstration auf
Immer häufiger tauchen Plakate mit völkischen Parolen bei Demonstration aufImago / Chris Emil Janßen

„Rechtsextreme und Rechtspopulisten versuchen Einfluss zu gewinnen, indem sie sich beispielsweise in Kirchengemeinden, Schulen, Kindertagesstätten oder als Schöffen engagieren“, sagte der Politologe Klaus-Peter Hufer dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Hannover.

Hufer, der an der Universität Duisburg-Essen lehrt, verwies auf eine aktuelle Umfrage zur Zufriedenheit mit der Demokratie. Demnach seien 17 Prozent der Deutschen „überhaupt nicht zufrieden“ und rund 34 Prozent „weniger zufrieden“. In dieser Situation drohten rechtsextreme Ideologien auf fruchtbaren Boden zu fallen. Auch rechtspopulistische Rhetorik verfange eher, wenn weniger Bürgerinnen und Bürger nicht darauf vertrauen, dass die Demokratie bestehende Probleme tatsächlich lösen könne. Für diese Tendenz sprächen auch gegenwärtige Zustimmungswerte von mehr als 16 Prozent für die AfD.

Kirchen sollten klare ideologische „Trennungslinien“ formulieren

Auch Kirchengemeinden müssten die „rechte Unterwanderungsstrategie“ ernstnehmen. „Natürlich soll Kirche für alle da sein, aber nicht für alle Ideologien“, betonte Hufer. „Wie die Ideologie von den Menschen zu trennen ist, das ist die schwierige Aufgabe.“ Man könne schwerlich Menschen aus Gremien wie etwa Kirchenvorständen ausschließen oder Gesinnungsprüfungen vornehmen. Es müsse aber möglichst frühzeitig offen angesprochen und problematisiert werden, wenn Gemeindemitglieder versuchten, menschenfeindliche Überzeugungen in Entscheidungsprozesse einzuspielen. Kirchengemeinden müssten hier klare ideologische „Trennungslinien“ formulieren.

Völkische Siedler in Niedersachsen aktiv

Niedersachsen sei seit Jahren eine westdeutsche Hochburg der völkischen Siedler, warnte Hufer. Diese träten zunächst freundlich und als gute Nachbarn auf. So gelänge es ihnen, sich in die Dorfgemeinschaft einzubringen und in lokale Gremien wählen zu lassen. „Wie fremdenfeindlich, antisemitisch und rassistisch die Überzeugungen der völkischen Siedler wirklich sind, ist erst auf den zweiten oder dritten Blick erkennbar.“ Es gelte darum, in betroffenen Regionen besondere Sensibilität zu schaffen und die Bewohner zu befähigen, sich abzugrenzen und Widerstand zu zeigen.