Politisch. Theologisch. Kommunikativ

„Die Welt braucht uns! 1001 Ideen für ein gutes Leben“ war in Kamen das selbstbewusste Motto der vierten Veranstaltung. Im Blick: Nachhaltige und gerechte Lebensführung im Kleinen im Alltag wie im Großen in der globalisierten Welt

Ein gutes Leben für alle – wie kann das aussehen? Dieser Frage stellten sich 80 Frauen beim 4. Westfälischen FrauenKirchenTag am 9. Juni in Kamen. Vorbereitet wurde der Tag, der unter dem Motto stand „Die Welt braucht uns! 1001 Ideen für ein gutes Leben“ von der Konferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V., dem Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe) und dem Frauenreferat der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) im Institut für Kirche und Gesellschaft.
Der Tag begann mit einem Biblio­log zu den Schwestern Maria und Marta aus der Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache. Ein Bibliolog ist eine Methode der interaktiven Auslegung biblischer Texte, bei der eine ganze Gruppe gemeinsam einen biblischen Text auslegt.
Angeleitet wurde der Bibliolog von Susanne Wolf vom Gemeinsamen Pastoralkolleg im Institut für Aus-, Fort- und Weiterbildung. Sie las den Text aus dem Lukasevangelium vor, stoppte an einigen Stellen und lud die Teilnehmerinnen ein, sich in die Rolle der biblischen Figuren hineinzuversetzen und ihnen Worte in den Mund zu legen. Auf diese Weise wurde der Bibeltext mit persönlichen Beiträgen von Maria, Marta, Jesus, Simon und dem „guten Teil“ gefüllt und es entstand ein Austausch über den Text in der Großgruppe.
Am Nachmittag konnten sich die Frauen, die von Bielefeld bis Steinfurt, von Siegen bis Gelsenkirchen angereist waren, in verschiedenen Workshops dem Thema „gutes Leben für alle“ nähern. Sabine Jellinghaus, Referentin im Institut für Kirche und Gesellschaft, stellte bei einem interaktiven Gang über einen Marktplatz verschiedene Möglichkeiten vor, wie ein ökologisch nachhaltigeres Leben im Alltag ganz praktisch funktionieren kann. Ein nachhaltiger Tipp ist ganz einfach zu vollziehen: Einkaufen ohne Plastiktüte!
Wer auf dem Markt einkauft, kann Obst und Gemüse direkt in seinen Korb füllen, ohne lästige Plastikverpackung und meistens noch regional vom Bauern aus der Umgebung. Oder man kauft in einem Geschäft ein, das sich auf nachfüllbare Ware spezialisiert hat. Einfach ein Gefäß von zu Hause mitnehmen, auswiegen lassen, Nudeln, Couscous oder Mehl einfüllen und an der Kasse bezahlen.
Entspannen konnten die Frauen bei Yoga und Achtsamkeitstraining sowie beim Singen im Chor. Wie es funktioniert, gewaltfrei zu sprechen, konnten sie in einem anderen Workshop ebenfalls erproben. Nach dem Ansatz des US-amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg versuchten sie sich in der Sprache des Mitgefühls.
Nach den Workshops kamen die Frauen noch einmal zu einem Podiumsgespräch zusammen. Beate Heßler, Pfarrerin im Amt für MÖWe, interviewte Kossiwa Akpene Okine aus Togo, Hey-Sun Kang aus Südkorea sowie Gisela Menden von Oikocredit. Gutes Leben für alle, so resümierten die verschiedenen Frauen mit unterschiedlichen kulturellen Prägungen, setze sich aus vielen Facetten zusammen. Aber entscheidend sind nach ihren Worten: Gesundheit, Bildung, Gerechtigkeit, Frieden, ein soziales Miteinander und die eigene, lebendige Beziehung zu Gott.
Wie Gerechtigkeit global gelebt und aufgebaut werden kann, dazu hatte Gisela Menden von Oikocredit einige Ideen. Wer sein Geld sinnvoll und nachhaltig anlegen möchte, kann in Kredite und Kapitalbeteiligungen an Mikrofinanzinstitutionen, Genossenschaften und soziale Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern investieren. So geschieht mit der eigenen Geldanlage etwas Sinnvolles, wie zum Beispiel die Finanzierung einer Näherei für Frauen in Indien, die sich durch den Kredit einen eigenständigen Lebensunterhalt finanzieren können. (Weitere Informationen zu den globalen-lokalen Geldanlagen gibt es bei Oikocredit Deutschland unter www.oikocredit.de.)
Der politisch-theologisch-kommunikative Westfälische FrauenKirchentag endete mit Gesang und einer Salbung. Die Teilnehmerinnen waren eingeladen, einander die Hände zu salben und sich einen Segen zuzusprechen. Begeistert und bereichert fuhren die Teilnehmerinnen des 4. Westfälischen FrauenKirchentags am Nachmittag in ihre Heimat zurück. In freudiger Erwartung auf den großen Deutschen Evangelischen Kirchentag, der vom 19. bis 23. Juni 2019 in Dortmund stattfinden wird.