Piraten wollen Friedhofszwang abschaffen

Wenn das Gesetz kommt, könnte die Asche Verstorbener im Garten der Hinterbliebenen verstreut werden. Die Nordkirche hat bereits reagiert.

Hinterbliebene sollen die Urne künftig auf dem eigenen Grundstük aufbewahren dürfen
Hinterbliebene sollen die Urne künftig auf dem eigenen Grundstük aufbewahren dürfenKzenon / Fotolia

Kiel. Die Piratenfraktion im schleswig-holsteinischen Landtag will den Friedhofszwang bei Bestattungen abschaffen. "Auch nach unserem Tod bevormundet uns der Staat noch bei der Entscheidung über unsere Bestattung. Mit dem Friedhofszwang muss Schluss sein", forderte Fraktionschef Patrick Breyer am Mittwoch in Kiel. Ein Gesetzentwurf zur Änderung des Bestattungsrechts soll in der Landtagssitzung vom 25. bis 26 Januar beraten werden. Stimmt eine Mehrheit zu, könnte beispielsweise die Asche eines Verstorbenen künftig im eigenen Garten verstreut werden. Die Kirchen lehnten das Vorhaben umgehend ab.
Die Abstimmung im Landtag sei freigegeben worden, es gebe damit keinen Fraktionszwang, sagte Breyer. Jeder der insgesamt 69 Abgeordneten könne frei nach seinem Gewissen entscheiden. Stimmt eine Mehrheit der Parlamentarier zu, könnte nach Breyers Worten das neue Gesetz bereits im März in Kraft treten. Er verwies auf eine von den Piraten in Auftrag gegebene Umfrage. Danach stehen 75 Prozent der Schleswig-Holsteiner hinter dem Vorstoß. Die Auswertung basiert auf 307 Interviews.

Was passiert mit der Asche?

Nach Breyers Worten "wollen die Bürger ein modernes Bestattungsrecht". Modern heißt für die Piraten beispielsweise, dass jeder Mensch frei entscheiden kann, ob seine Asche verstreut wird oder nicht. Das kann im eigenen Garten sein, wofür aber eine behördliche Erlaubnis der zuständigen Gemeinde eingeholt werden muss. Gibt es keinen eigenen Garten, muss ebenfalls eine amtliche Zustimmung besorgt werden, damit die Asche etwa in einem Park oder Wald ausgestreut werden kann.
Auch das Aufbewahren der Urne mit der Asche eines Toten in den eigenen vier Wänden der Hinterbliebenen soll künftig erlaubt werden, allerdings nur für zwei Jahre. Danach muss die Urne auf den Friedhof oder die Asche des Toten verstreut werden. Für all diese Möglichkeiten muss der Verstorbene zu Lebzeiten sein Einverständnis gegeben haben. Breyer verwies darauf, dass im Schnitt 70 Prozent aller Bestattungen in Schleswig-Holstein Feuerbestattungen seien. In der Landeshauptstadt Kiel seien es sogar 80 Prozent.

Nordkirche lehnt Vorschlag ab

Von den Kirchen gab es am Dienstag denn auch umgehend ablehnende Reaktionen. Pastor Stefan Döbler, Pressesprecher der Nordkirche, verwies auf das Beispiel Bremen. Der Senat sei bei seiner Gesetzesänderung davon ausgegangen, dass in fünf Prozent der Sterbefälle die Neuregelung genutzt werden würde. "Tatsächlich lag der Anteil 2015 bei einem Prozent", sagte Döbler. Aus Sicht der Nordkirche steht das aktuelle Bestattungsrecht "für einen würdigen Umgang mit Tod und Trauer in unserer Gesellschaft". Es garantiere allen Hinterbliebenen die Möglichkeit persönlicher Trauer an einer öffentlich zugänglichen Grabstelle.
Die Leiterin des Katholischen Büros Schleswig-Holstein, Beate Bäumer kritisierte die Gesetzesinitiative als "kulturell völlig unsensibel". "Das Thema ist viel zu komplex, als dass man es in fünf Sätzen in einer Umfrage behandeln könnte", sagte sie. Zudem zeigten die Erfahrungen von Seelsorgern ein völlig anders Bild. "Zu bedenken ist, dass offensichtlich mit zunehmendem Alter die Zustimmung zu den Vorschlägen der Piraten deutlich sinkt." In der Umfrage sind es vor allem jüngere Menschen, die ein neues Bestattungsrecht wollen. Sie stimmen sogar zu 95 Prozent zu.

Für das gesetzliche Vorhaben sind die Piraten schon länger aktiv. Es gab mehrere Anläufe und eine Anhörung. Die Piraten verweisen auf das Beispiel Bremen und Bremerhaven. Dort darf seit 2015 jeder Mensch frei entscheiden, ob seine Asche verstreut wird oder nicht, hieß es. Nach Angaben von Breyer haben sich bereits die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, die Islamische Religionsgemeinschaft Schleswig-Holstein und der Verband Unabhängiger Bestatter positiv zum Gesetzesvorhaben geäußert. Kritische Stimmen habe es bislang von den Kommunen und christlichen Kirchen sowie von den Bestatter-, Steinmetz- und Friedhofsgärtnerverbänden gegeben. (epd)
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