Philosoph Wilhelm Schmid: Nachrichtenmüdigkeit ist keine Lösung

Die Vermeidung von Nachrichten angesichts der vielen Krisen in der Welt ist nach Ansicht des Philosophen Wilhelm Schmid keine Lösung. Er könne diesen News Avoidance genannten Trend zwar verstehen, sagte der Autor von Bestsellern wie „Schaukeln. Die kleine Kunst der Lebensfreude“ in einem „Spiegel“-Interview (Samstag). „Aber es ist auch tragisch, denn wir stehen erst am Anfang aller Veränderungen.“

Er selbst sei ein Newsjunkie und wolle alles möglichst detailliert wissen, so Schmid. „Ich will kein Leben leben, das an der Realität der Welt vorbeigeht. Ich will in der Welt leben. Und ich finde die Zeit, in der ich lebe, auch superspannend. Gerade wird die Welt der nächsten 100 Jahre geschmiedet, im Guten wie im Schlechten. Da will ich dabei sein.“

Gleichwohl halte er „Inseln der Gelassenheit“ für unverzichtbar, auf denen lieb gewordende Gewohnheiten gepflegt würden. „Gerade in Phasen, in denen Veränderungen unausweichlich sind, kommt es darauf an. Denn Gewohnheiten ermöglichen uns eine Auszeit“, erläuterte der Philosoph. „Wenn ein Teil des alltäglichen Lebens ohne weiteres Nachdenken abläuft, werden für andere Teile die Kräfte frei, die wir dringend brauchen.“ Schließlich gelte: „Wir sollten von diesen Inseln immer zurückkehren zu den Herausforderungen.“

Sinn, nicht Glück sei das Wichtigste im Leben, fügte der Philosoph hinzu. „Wer primär nach Glück strebt, der wird eine Beziehung in einer unglücklichen Phase allzu schnell aufkündigen. Sinn aber finden wir in möglichst dauerhaften Beziehungen.“ Auf die Frage, wie man in gute Beziehungen komme, antwortete der Fachmann für Lebenskunst: „Na ja, springen Sie erst mal rein. Nacharbeiten können Sie immer noch.“