Bindung durch Begleitung: Eine positive Bilanz hat die „Fachstelle Vielfalt“ der Münchner Hilfe im Alter gGmbH für die Anwerbung von Pflegekräften aus Drittstaaten gezogen. In den drei Jahren seit Gründung 2022 habe man 75 Pflegefachkräfte und 31 Azubis angeworben, die vom Bewerbungsgespräch im Heimatland bis zum Abschluss der Berufsqualifikation in Bayern begleitet würden, sagte Hannes Brücher von der Fachstelle im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dank der engmaschigen Unterstützung seien bislang nur drei Personen wieder abgesprungen, obwohl die Diakonie-Tochter „Hilfe im Alter“ auf Bindungsklauseln verzichte. Die Fachstelle mit vier Mitarbeitenden wurde für drei Jahre mit 660.000 Euro aus EU-Mitteln gefördert. Jetzt soll sie ins Regelangebot der Hilfe im Alter überführt werden. Die Ergebnisse aus dem Projektzeitraum werden am Montag (26. Mai) bei einem Fachtag in München diskutiert.
In den elf Altenheimen des Unternehmens in und um München arbeiten laut Brücher insgesamt 300 Pflegekräfte, davon die genannten 106 Fachkräfte aus dem Ausland. Ohne sie „könnten wir die Qualität nicht halten und müssten Betten-Kapazitäten einschränken“, betonte er, denn der heimische Markt an Pflegekräften sei leer. Dieser Fachkräftemangel wird sich Prognosen zufolge noch verschärfen: Laut einer Auskunft des Statistischen Bundesamts von Januar 2024 fehlen in Deutschland bis 2049 zwischen 300.000 und 600.000 Pflegeprofis.
Die meisten Interessenten fände man derzeit in Staaten wie Tunesien, Iran und Indien, erklärte Brüchers Kollege David Pende. Alle Bewerber hätten bereits ein Studium oder ähnliche Qualifikationen in der Pflege und müssten gute Deutschkenntnisse auf B1-Niveau nachweisen, um ein Arbeitsvisum für Deutschland zu bekommen. „In unseren Einrichtungen fangen sie als Pflegehilfskräfte an, machen nebenbei Sprachkurse und holen Qualifikationen nach, damit sie nach ein bis zwei Jahren die offizielle Abschlussprüfung zur Pflegefachkraft ablegen können“, erklärte der Pädagoge. Insgesamt seien bei der Hilfe im Alter Menschen aus 70 Nationen beschäftigt. Gemäß dem Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ verzichte man aber auf Rekrutierung aus Ländern, deren Gesundheitssystem vor dem Kollaps stünde, wie in Togo und Uganda.
Künftig wollen Brücher und Pende sich auch mit dem Bereich der Fluchtmigration stärker vernetzen, um Geflüchteten mittels Ausbildungsangeboten „Wege in die Pflege zu bahnen“, so Brücher. Die Erfahrung mit den Fachkräften mit Arbeitsvisum zeigten, welche beeindruckenden persönlichen Entwicklungen möglich seien. Insgesamt wünschen sich die beiden Berater mehr Anerkennung für Arbeitsmigranten: „Wir sind glücklich, dass so viele Menschen diese krasse Veränderung in ihrem Leben in Kauf nehmen. Sie leisten einen essenziellen Beitrag zu unserem Gemeinwohl“, sagte Brücher. (1736/25.05.2025)