Widerstand gab es seit Beginn. Die Landesregierung hielt lange an der Gründung einer Pflegekammer statt. Jetzt steht das Projekt vor dem Aus.
Die vom Sozialministerium mit großem Aufwand und Millioneninvestitionen geplante Pflegekammer Baden-Württemberg ist offenbar gescheitert. Die Pläne fanden keine ausreichende Unterstützung bei den Pflegekräften im Land. Bis zum 23. Februar hätten sich 60 Prozent der in der Pflege Beschäftigten für die neue Berufsvertretung registrieren müssen. Diese Zahl sei aber nicht erreicht worden, sagte Sozialminister Manne Lucha (Grüne) nach Mitteilungen des Stuttgarter Landtags vom Donnerstag. Noch gebe es keine endgültige, offizielle Auszählung; das Ergebnis zeichne sich aber eindeutig ab.
Die Berufskammer – wie es sie auch für Mediziner, Apotheker oder auch Handwerker gibt – sollte helfen, die Interessen der landesweit rund 120.000 Pflegenden besser zu vertreten. Geplant war ein Starttermin Ende 2024 oder Anfang 2025.
Lucha hatte für das Projekt geworben, weil damit der Pflegeberuf aufgewertet werde. Von Anfang an hatte es große Widerstände gegeben. Vor allem auch daran, dass die Pflegekräfte mit Ausnahme von Auszubildenden einen monatlichen Beitrag für die Kammer hätten zahlen müssen. Kritiker bezweifeln, dass die Pflegekammer zu besseren Arbeitsbedingungen beitragen kann. Widerstand kam auch von den Gewerkschaften.
Der Landtag hatte die Einrichtung der Pflegekammer mit einem im Mai 2023 verabschiedeten Gesetz beschlossen. Für den Aufbau stellte das Land 3,9 Millionen Euro bereit. Zur Registrierung angeschrieben wurden rund 120.000 Pflegekräfte. Viele erhoben Einspruch. Es kam auch zu technisch-bürokratischen Problemen bei der Registrierung.
Mittelfristig sollte sich das Gremium durch Beiträge aller Pflegenden selbst finanzieren. Zu den Aufgaben der Kammer sollte es auch gehören, die Attraktivität des Pflegeberufs zu erhöhen. Landesweit klagen Einrichtungen über einen Mangel von Fachkräften.
Das Konzept der Pflegekammer ist bundesweit umstritten. Es gibt sie nur in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein wurden die Kammern wegen mangelnder Akzeptanz der Pflegekräfte aufgelöst.