Pflegeexperte: Psychopharmaka helfen nicht gegen Demenz
Menschen mit Demenz legen mitunter merkwürdiges oder störendes Verhalten an den Tag. Zu vielen werden dann Psychopharmaka gegeben. Ein Pflegeexperte erklärt, warum das keine gute Idee ist.
Demenziell erkrankte Menschen werden laut einem Pflegewissenschaftler “überdurchschnittlich häufig” mit Psychopharmaka behandelt. Dabei würden diese Medikamente gar nicht bei einer Demenzerkrankung helfen, erklärte der Caritas-Referent für stationäre Altenhilfe Henry Kieschnick bei einer Online-Veranstaltung der CaritasStiftung in Köln. Besonders bei dem sogenannten herausfordernden Verhalten – wie häufigem Schreien, unruhigem Umherlaufen oder körperlichen Tätlichkeiten gegen sich und andere – würden diese Mittel eingesetzt.
Dabei gibt es laut Kieschnick oft relativ simple Gründe und einfach zu lösende Ursachen für dieses besondere Tun. “Bis zu 80 Prozent dieses Verhaltens sind auf Schmerzen zurückzuführen”, betonte der Referent für Altenhilfe beim Diözesan-Caritasverband im Erzbistum Köln. Neben weiteren körperlichen Ursachen wie Hunger, Durst oder auch Bewegungsmangel könnten unter anderem auch Heimweh oder eine als unangenehm empfundene Beleuchtung für Unwohlsein sorgen.
Pflegekräfte und alle in einem Pflegeheim Beschäftigten sollten deshalb in solchen Fällen genauer hinsehen und fundierte Ursachenforschung betreiben. Es gelte, bei jedem Menschen die individuellen Bedürfnisse herauszufinden, damit es diesem besser gehe, sagte der Pflegeexperte. Dann könnten oft auch geeignete Maßnahmen gefunden werden, ohne dass Psychopharmaka zum Einsatz kämen.
Kieschnick hat für den Diözesan-Caritasverband im Erzbistum Köln zwischen 2021 und 2023 ein Praxisprojekt initiiert. Darin ging es um die Optimierung des Einsatzes von Psychopharmaka in der Altenhilfe und um die Suche nach Lösungen für die Praxis. Der Pflegeexperte verwies auf eine Einrichtung für demenziell erkrankte Menschen, die ganz ohne diese Medikamente auskommt.
Der AOK-Pflege-Report 2023 kam zu der Erkenntnis, dass bis zu 30 Prozent aller Pflegebedürftigen in deutschen Pflegeheimen Antipsychotika bekommen, bei Menschen mit Demenz sogar bis zu 45 Prozent.