Die evangelische und die katholische Kirche in der Pfalz und Saarpfalz wollen die Menschen gezielter ansprechen. Die unter Mitgliederschwund und Finanzdruck leidenden christlichen Kirchen dürften sich nicht zurückziehen, machten die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst und der Speyerer katholische Bischof Karl-Heinz Wiesemann am Freitagabend in Speyer bei einer Podiumsdiskussion der Stiftung „Kulturforum“ unter dem Motto „Was wird aus unseren Kirchen?“ deutlich. Vor allem müsse der Kontakt zu jungen Menschen gesucht werden.
Die Kirche habe die Aufgabe, ihre Kommunikation so zu gestalten, dass sie Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit erreiche, betonte Kirchenpräsidentin Wüst. „Wir müssen schauen, was die Menschen bewegt und was ihre Bedarfslage ist“, sagte sie bei der Veranstaltung, an der auch der ehemalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) sowie Dorothea Sattler, Leiterin des Ökumenischen Instituts der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, teilnahmen.
Der schulische Religionsunterricht, Kindertagesstätten und die Schulseelsorge böten den Kirchen „enorme Chancen“, um Kinder und Jugendliche mit der christlichen Botschaft zu erreichen, sagte Wüst. Die Kirchenpräsidentin trat dem Eindruck einer „apokalyptischen Stimmung“ in der evangelischen Kirche entgegen. „Wir müssen mit Gottvertrauen tun, was uns aufgegeben ist“, sagte sie.
Auch der Speyerer Bischof Wiesemann appellierte, die Kirchen müssten den Wünschen und Nöten der Menschen „mehr Aufmerksamkeit zollen, damit wir beweglich bleiben“. Sie müssten ihre Botschaft neu entdecken, enger zusammengehen und sich „nicht in eigenen Blasen bewegen“. Dabei müssten die Kirchen auch politisch sein, etwa wenn es um die Menschenwürde gehe. Für das Ziel der Einheit der Kirchen wünsche er sich von seiner eigenen Kirche „mehr Horizonterweiterung“, sagte der Bischof.
Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Beckstein bezeichnete das „Reden über Gott“ als die „Kernaufgabe der Kirchen“. Diese müssten versuchen, Antworten auf existenzielle Glaubensfragen der Menschen zu geben und dürften sich nicht dem Zeitgeist anpassen, sagte Beckstein, der auch Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Bayern ist.
Die katholische Theologin Dorothea Sattler ergänzte, die Kirchen müssten auch unbequem sein und ihre Stimme erheben, wenn es etwa um die Themen Frieden, Schutz des ungeborenen Lebens, die Achtung älterer Menschen oder den Schutz von Flüchtlingen gehe. Sattler, die dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) angehört, sprach sich zudem für eine stärkere Rollen von Frauen in der katholischen Kirche sowie für ökumenische Gottesdienste aus.