Petra Bahr: WM in Katar treibt TV-Zuschauer ins Dilemma

Was tun während der Winter-WM in Katar? Keine einfache Frage für Fußball-Fans in Deutschland, sagt die Hannoveraner Theologin Petra Bahr.

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Hannover. Aus Sicht der evangelischen Theologin Petra Bahr treibt die bevorstehende Fußball-Weltmeisterschaft in Katar Fernsehzuschauer in einen schwer lösbaren ethischen Konflikt. Angesichts der schwierigen Menschenrechtslage im Gastland sei es nur verständlich, wenn Menschen die WM boykottieren und dem Golfstaat die Unterstützung versagen wollen, schreibt die hannoversche Regionalbischöfin in einem Gastbeitrag für die „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“. Eine größere Zahl von Individuen könne durchaus etwas ausrichten, „vor allem, wenn sich Widerstand aus der Reihe der Fußballer selbst regt“. Bahr ist Mitglied des Deutschen Ethikrats.

Für einen Fernsehboykott spricht nach Bahrs Auffassung auch die eingeschränkte Pressefreiheit in Katar. Das Land habe angekündigt, dass während der WM kein Journalist „hinter die Bühne treten“ und unabhängig aus dem Land berichten darf. „Dass auch öffentlich-rechtliche Rundfunksender dabei umstandslos mitmachen, ist ein Verstoß gegen den eigenen Auftrag.“ Gebührenzahler hätten keine Möglichkeit, dem zu widersprechen. „Aber sie können sich dem vergifteten Angebot verweigern.“

Leerstelle im kalten November

Jedoch dürfe man die positive verbindende Funktion des Fußballs nicht ignorieren, etwa „die Unterbrechung des Alltags, das egalitäre Moment“. Womöglich könne Fußball sogar „die Lust an körperlicher Gewalt ins Zivilisatorische“ wenden. „Fällt diese Entlastungsfunktion aus, bleibt im günstigsten Fall eine Leerstelle, mitten im kalten November“, gab Bahr zu bedenken.

Regionalbischöfin Petra Bahr (Archiv)
Regionalbischöfin Petra Bahr (Archiv)Jens Schulze / epd

Das von der Fifa oftmals vorgebrachte Argument, dass die WM die Menschenrechtslage im Gastland verbessere, ließ die Theologin nicht gelten. „Schon die letzten Weltsportereignisse in Russland und China entkräften das Argument, dass diese Events kritische Perspektiven fördern und so in den Ländern selbst neben den Sportstätten auch Freiheitsräume wachsen lassen.“ Das Turnier findet ab dem 20. November und damit erstmals im Winter statt. Wegen der hohen Temperaturen im Sommer ist es verlegt worden. (epd)