Patrick Roger Schnabel blickt zurück

Seit 2014 war Patrick Roger Schnabel Beauftragter für den Kirchlichen Entwicklungsdienst (KED) der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz. Ein Interview zum Abschied.

Patrick Roger Schnabel, Jahrgang 1977, war als Theologe und promovierter Jurist unter anderem im EKD-Büro Brüssel tätig. Nun wechselt er ins Berliner Büro der Bevollmächtigten des Rates der EKD, Anne Gideon.
Patrick Roger Schnabel, Jahrgang 1977, war als Theologe und promovierter Jurist unter anderem im EKD-Büro Brüssel tätig. Nun wechselt er ins Berliner Büro der Bevollmächtigten des Rates der EKD, Anne Gideon.Foto: Roger Börner

Zu seinen Aufgaben gehörten Entwicklungspolitik, Menschenrechte und Frieden. Auch die Zusammenarbeit mit der Partnerkirche in Kuba und das Siegel „Faire Gemeinde“ lagen in Patrick Roger Schnabels Zuständigkeit. Nun beendet er seine Arbeit im Missionswerk. Im Gespräch mit Sibylle Sterzik erklärt er, warum der Kirchliche Entwicklungsdienst kein schmückendes Beiwerk, sondern eine Kernaufgabe ist.

Worin haben Sie in den zehn Jahren im Berliner Missionswerk ihre Hauptaufgaben gesehen, was war Ihnen besonders wichtig?
Patrick Roger Schnabel: Die Kirche Christi ist vielfältig und weltumspannend. Leider neigen Konfessionen und Landeskirchen dazu, diese Universalität zu vergessen. Für uns Protestanten ist klar: Jede Gemeinde, auch meine Wohnortgemeinde, jede Landeskirche, auch die EKBO, ist ganz Kirche. Aber keine ist für sich die ganze Kirche. Ohne die ökumenischen Geschwister wären sie alle unvollständig. Darum müssen wir immer über den Tellerrand hinausschauen in die Weite der Christenheit. Darum sind wir auch zur Solidarität aufgerufen. Gerechtigkeit, Friede und die Bewahrung der Schöpfung sind globale Aufgaben, die wir nur in Dialog und Kooperation mit unseren Geschwistern weltweit angehen können. Daran erinnert der KED, seitdem die EKD-Synode ihn 1968 als Gemeinschaftsaufgabe aller Landeskirchen ins Leben gerufen hat. Seit 1984 hat diese Arbeit im „Konziliaren Prozess“ des Weltkirchenrates eine Form, die inzwischen in den „Nachhaltigen Entwicklungszielen“ sozusagen ein säkulares Pendant bekommen hat. Ich finde es wichtig, immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass das kein nettes Beiwerk ist, sondern eine Kernaufgabe gelebten Christentums. Wir können nicht glauben, ohne für die Schwachen, die Entrechteten oder die vom Klimawandel Bedrohten einzutreten.

Was hat sich verändert in der Partnerarbeit, seit Sie hier angefangen haben?
In den letzten zehn Jahren hat der Dialog mit unseren Partnern im Globalen Süden eine neue Qualität bekommen. Wir reden ja schon seit den 1950er Jahren von Partnerschaften auf Augenhöhe, aber angesichts der finanziellen Ungleichgewichte ist das oft Augenwischerei. Doch das verändert sich. Wir sind zwar weiter die materiell Reicheren, aber die wachsenden Kirchen des Südens treten gegenüber uns schrumpfenden Kirchen des Nordens anders auf. Sie hinterfragen unsere Art, Kirche zu sein. Und sie haben nicht nur theologisch ihre eigenen Ansätze, sie haben längst Experten auf vielen Feldern, die hervorragend ausgebildet sind. Die Idee, dass wir die Partner erst für Projekte „qualifizieren“ müssen, trifft nicht mehr zu. Wir sollten anfangen, zu fragen, was wir lernen können. Das ist ein Umdenken,
das schwerfällt.

Wo konnten Sie neue eigene Akzente setzen?
Ein wichtiger Schwerpunkt war die Menschenrechtsarbeit. Mit der Konferenz Europäischer Kirchen haben wir in den letzten Jahren viele Konferenzen, aber vor allem auch Summer Schools für junge Theolog:innen zur Bedeutung der Grundrechte angeboten und daran gearbeitet, dass sich Kirchen für diejenigen einsetzen, die in Freiheit und Würde eingeschränkt sind. Das können verfolgte und bedrängte Christen sein, aber auch Angehörige anderer Religionen oder Menschen, die aus ganz anderen Gründen diskriminiert werden.

Wie geht es jetzt weiter, wird die Stelle wiederbesetzt?
Die landeskirchliche Pfarrstelle war ausgeschrieben und ich hoffe, dass sich einige Interessenten gefunden haben. Es ist eine wunderbare Arbeit, mit tollen Kollegen im Missionswerk und in aller Welt. Und die Aufgaben des Kirchlichen Entwicklungsdienstes wachsen – Klimagerechtigkeit ist da ein wichtiges Stichwort.

Sie wechseln in eine neue Arbeit, welche Aufgaben werden Sie künftig übernehmen?
Ich kehre zurück zur EKD, in die politische und kirchendiplomatische Arbeit. Was mir in meiner Tätigkeit im EKD-Büro Brüssel vertraut war – die Arbeit in einem säkularen Kontext, in dem man erst erklären muss, warum Kirchen dort auftreten – scheint auch in Berlin eine neue Normalität zu sein. Das ist eine Herausforderung, die ich als Theologischer Referent bei der Bevollmächtigten des
Rates der EKD gern annehme.

Eingeladen wird am Do, 27. April, um 14 Uhr zu Gottesdienst und Empfang in der Bartholomäuskirche in Berlin-Friedrichshain anlässlich der Verabschiedung von Patrick Roger Schnabel.