Es geht um Leben, Tod – und Zuständigkeiten. Das Bundesverfassungsgericht hat über das Triage-Gesetz den Daumen gesenkt. Welche Wege Patientenschützer nun sehen.
Nach dem Nein des Bundesverfassungsgerichts zur Triage-Gesetzgebung fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz eine Änderung des Grundgesetzes. “Wenn der Gesetzgeber das klarstellen muss, dann muss es eine Verfassungsänderung geben”, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Dienstag in Dortmund. “Ich halte eine Lösung in 16 Bundesländern einzeln für absurd.”
Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss die derzeitige Gesetzgebung zur sogenannten Triage gekippt. Dabei geht es um die Frage, wer überlebenswichtige Geräte wie etwa ein Atemgerät oder ein Intensivbett erhält, wenn nicht genügend Ressourcen für alle Patientinnen und Patienten vorhanden sind.
Im Zuge der Corona-Pandemie hatte das Gericht Ende 2021 entschieden, dass der Staat Menschen mit Behinderung bei knappen intensivmedizinischen Kapazitäten vor Benachteiligung bewahren muss. Daraufhin änderte der Bundestag das Infektionsschutzgesetz. Gegen diese Regelungen legten Ärztinnen und Ärzte Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Sie sahen sich unter anderem in ihrer Berufsfreiheit verletzt.
Das Gericht kippte die Gesetzgebung nun. Dem Beschluss zufolge hatte der Bund nicht die nötige Kompetenz für die konkreten Regelungen: Diese beschränke sich im Gesundheitswesen auf einzelne Sachbereiche.
“Das Triage-Gesetz ist nur deswegen verworfen worden, weil der Bundesgesetzgeber dafür keine Kompetenz hat”, betonte Patientenschützer Brysch. “Die Verfassung verbietet weiterhin, dass Alter, Pflegebedürftigkeit und Behinderung allein für die Aufnahme und den Abbruch einer Behandlung maßgeblich sind.”
Das Bundesverfassungsgericht habe zudem klargestellt, dass Triage-Entscheidungen keine Gewissensentscheidungen seien. Brysch begrüßte dies: “Auch nach der Entscheidung muss festgestellt werden, dass der Berufsfreiheit der Ärzte Grenzen gesetzt werden.”
Im Gerichtsbeschluss heißt es hierzu: “Ärztliche Entscheidungen im Zusammenhang mit der Behandlung von Patienten können zwar die Gewissensfreiheit berühren. Ärztliches Handeln ist aber nicht per se als eine an den Kategorien von ‘Gut’ und ‘Böse’ orientierte Entscheidung anzusehen.”