Pastorensohn Bernhard Schlink schwärmt von Kindheit im Pfarrhaus

Bernhard Schlink, früher Juraprofessor in Deutschland und den USA, ist inzwischen vor allem als Autor gut lesbarer, gehaltvoller Bücher bekannt. Nun teilt er Gedanken über den Anfang seines Lebens und das mögliche Ende.

Bernhard Schlink (79), Bestsellerautor, Jurist und Pastorensohn, schwärmt von seinen Kindheitsritualen im protestantischen Pfarrhaus. „Wir haben jeden Morgen die Losungen der evangelischen Brüdergemeinde gelesen; der Sonntagmorgen begann mit einem Bachschen Choral. Nach dem Abendessen wurde die Bibel gelesen; wir saßen um den Tisch, lasen reihum einen Vers“, berichtete er am Donnerstagabend beim internationalen Literaturfestival „LitCologne“ in Köln.

Sein Vater habe die Paulusbriefe geliebt – „bis wir Kinder rebellierten. Dann haben wir das Buch der Könige gelesen. Und das ist Sex and Crime pur“, sagte Schlink. So etwa die Geschichte von König David, „der aus dem Palast guckt und sieht Bathseba baden. Das muss eine Wahnsinnsfrau gewesen sein!“ David habe ihren Mann an die Front geschickt, damit er umkomme und der König Batseba für sich habe. „Ich meine, das ist schon eine starke Geschichte“, so der Bestsellerautor („Der Vorleser“).

Im Schlinkschen Pfarrhaus in Heidelberg habe es mit seinen drei älteren Geschwistern Stücke mit verteilten Rollen und viel Hausmusik gegeben, mit ihm an der Querflöte. „Also all dieses Familienleben, das hat mir Spaß gemacht.“

Seine Mutter, die Schweizer Theologin Irmgard Oswald, verzichtete für die Kindererziehung auf eine eigene Karriere, sagte Schlink. Sein Vater, der Theologieprofessor Edmund Schlink, sei ein Patriarch alter Schule gewesen. Zu fast jedem Mittagessen habe er einen Gast mitgebracht, darunter auch den katholischen Theologe Hans Küng (1928-2021) – „den meine Mutter besonders liebte, weil er auch Schweizer war, und den wir Kinder besonders liebten, weil er auch mit uns sprach“.

Schlink äußerte sich bei einer Lesung seines jüngsten Romans „Das späte Leben“, in dem der emeritierte Juraprofessor Martin Brehm mit Mitte 70 eine tödliche Krebsdiagnose erhält. Er entscheidet sich gegen große Reisen und will die letzte Zeit vor allem mit seiner deutlich jüngeren Frau und seinem kleinen Sohn verbringen.

„Auch ich würde nicht noch mal nach Thailand reisen – ich wollte sowieso nie nach Thailand reisen“, sagte Schlink. „Ich würde wahrscheinlich noch ein paar Orte aufsuchen, an denen ich gerne war, und noch mal Menschen begegnen wollen, die mir wichtig sind; vielleicht auch noch mal ans Meer gehen wollen. So Sachen. Aber nichts Großes.“

Der Gedanke, etwas versäumt zu haben, sei ihm fremd. „Ich denke, jedes Alter hat seine Richtigkeit.“ Mit der Endlichkeit habe er seinen Frieden gemacht. „So denke ich auch, dass ich sterbe, irgendwann seine Richtigkeit hat“, sagte Schlink, der im Juli 80 Jahre alt wird. „Wenn man das Glück hat, alt geworden zu sein, und wenn man das Glück hat, nicht an einer furchtbaren Krankheit zu leiden – noch habe ich das Glück, und ich hoffe, es bleibt mir erhalten – dann denke ich, ist es irgendwann ganz okay.“