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Paritätischer Hessen kritisiert Abschiebungen “um jeden Preis”

Der Paritätische Hessen appelliert an das Land, die Zahl der Abschiebungen nicht „um jeden Preis“ zu steigern. In jüngster Zeit häuften sich die Fälle, in denen Kinder, Jugendliche und gut integrierte Erwachsene aus ihrem Leben gerissen und abgeschoben würden, sagte die Landesgeschäftsführerin des Wohlfahrtsverbands, Yasmin Alinaghi, laut Mitteilung am Dienstag in Frankfurt am Main. Die Landesregierung solle das Unverständnis der Zivilgesellschaft über solche Fälle ernst nehmen und sich nicht von rechter Stimmungsmache treiben lassen.

Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) hatte am Montag eine Steigerung der Abschiebungen aus Hessen im ersten Halbjahr dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um etwa 30 Prozent bekannt gegeben. Zugleich sei die Zahl der Duldungen etwa wegen eines Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnisses von Januar bis Ende Mai dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 108 auf 118 gestiegen.

Nach Ansicht des Paritätischen werden in Hessen jedoch die Regelungen zur Duldung von Asylsuchenden nicht ausreichend genutzt. Der Verband beobachtet laut Mitteilung ebenso wie die in der Flüchtlingsarbeit aktiven Mitgliedsorganisationen, dass „die Zentralen Ausländerbehörden die Ausstellung von Duldungspapieren verweigern oder Anträge auf Beschäftigungserlaubnisse monatelang nicht bearbeiten“.

Bei vielen in den vergangenen Monaten bekannt gewordenen Abschiebungen hätte es rechtliche Alternativen für ein Bleiberecht gegeben. Der Paritätische nennt unter anderem eine junge Frau, die mit Ausbildungszusage in der Pflege aus dem Landkreis Gießen nach Aserbaidschan abgeschoben worden sei. Auch eine 29-jährige Türkin aus Gießen habe im Februar mit ihrer siebenjährigen Tochter das Land verlassen müssen, obwohl sie eine Arbeitsplatz-Zusage als Pflegehilfskraft in einer Demenz-WG gehabt habe. Eine andere junge Frau habe bereits als Betreuerin in einer Offenbacher Kita gearbeitet und auf die Anerkennung ihres afghanischen Pädagogik-Studiums gewartet. Sie sei abgeschoben worden, obwohl sie von der Kita als Fachkraft eingeplant gewesen sei. In diesen und weiteren Fällen hätten sich Ausbildungsbetriebe und Arbeitgeber sowie Lehrkräfte an Schulen, Gewerkschaften, Ehrenamtliche, Vereine und Nachbarn „entsetzt gezeigt“.