Papstprediger hinterfragt Triumph der Kirche

Am Karfreitag predigt im Petersdom nicht der Papst, sondern der Prediger des päpstlichen Hauses. Seit mehr als 40 Jahren ist dies der Kapuzinerpater Cantalamessa. In diesem Jahr setzte er einen unerwarteten Akzent.

 Der päpstliche Hausprediger, Kardinal Raniero Cantalamessa, hat am Karfreitag die Predigt im Petersdom gehalten. Bei der Liturgie im Gedenken an das Leiden und Sterben Jesu distanzierte er sich in Anwesenheit von Papst Franziskus von einer früheren Sichtweise der Kirche in Bezug auf ihre Erfolge im Lauf der Jahrhunderte. Wörtlich sagte er: „Früher sprach man gerne vom ‚Triumph der Heiligen Kirche‘. Man betete dafür und man erinnerte an die historischen Momente und Gründe (für diesen Triumph).“

Cantalamessa fuhr fort: „Heute werden wir uns bewusst, wie verschieden dieser Triumph vom Triumph Jesu war.“ Zugleich schränkte er ein, man solle nicht die Kirche früherer Jahrhunderte verurteilen und sagte: „Urteilen wir nicht über die Vergangenheit. Man läuft immer Gefahr, ungerecht zu sein, wenn man mit der Mentalität von heute über die Vergangenheit urteilt.“

Der päpstliche Hausprediger hält traditionell die Karfreitagspredigt im Petersdom. Der Kapuzinerpater Cantalamessa (89) ist seit 1980 der offizielle „Prediger des päpstlichen Hauses“. Er hat bereits in Anwesenheit von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. die Karfreitagspredigten im Petersdom gehalten. 2020 ernannte Franziskus ihn zum Kardinal.

Nach der Predigt sprach der Papst auf Latein die sogenannten Großen Fürbitten des Karfreitags-Gottesdienstes. Für den Abend war die Teilnahme des Papstes am Kreuzweg beim römischen Kolosseum geplant.