Papst ruft zu Demut und Mitmenschlichkeit auf
Debatten um Missbrauch sowie Appelle für mehr Mitmenschlichkeit gegenüber Migranten und einen Waffenstillstand in Kriegsgebieten haben die Reise von Papst Franziskus geprägt. Demonstriert hat er auch Bescheidenheit.
Am letzten Tag seiner Belgien-Reise hat Papst Franziskus erneut zahlreiche globale Entwicklungen und Herausforderungen deutlich angesprochen. An die europäischen Regierungen richtete er kurz vor Ende seiner Reise den Appell, Migration als eine Gelegenheit für gemeinsames Wachstum zu begreifen. “Ich lade alle ein, in jedem eingewanderten Menschen das Gesicht Jesu zu sehen, der unter uns Gast und Pilger war”, sagte das katholische Kirchenoberhaupt am Sonntag in Brüssel. Auch Belgien sei bis heute Ziel vieler Migranten.
Franziskus beendete seine Reise mit einem Aufruf zum Waffenstillstand im Nahen Osten und einem Gebet um Frieden in der Welt. Nach der Sonntagsmesse im König-Baudouin-Stadion in Brüssel sagte er beim Angelusgebet, er sei bestürzt über die Ausweitung des Krieges im Libanon. “Zu viele Menschen sterben Tag für Tag im Nahen Osten.”
Die Sonntagsmesse in dem Stadion, in dem sonst meist Fußball gespielt wird, galt als einer der Höhepunkte. Die Karten dafür – insgesamt verfolgten die Messe rund 40.000 Menschen – waren innerhalb von 90 Minuten vergeben worden. Auch dort sprach Franziskus ein zentrales Thema seiner Reise an: Missbrauch in der katholischen Kirche. In seiner Predigt rief er die Bischöfe auf, Missbrauchsfälle nicht zu verschweigen, sondern sie öffentlich zu machen und die Täter zu bestrafen. Dafür erhielt er langen Applaus.
Bereits am Freitagabend hatte sich Franziskus mit Missbrauchsopfern getroffen und ihnen zwei Stunden lang zugehört. “Das Böse muss öffentlich bekannt werden, und die Täter müssen verurteilt werden, gleich, ob es jemand ohne Weihe oder ein Priester oder ein Bischof ist. Der Täter soll verurteilt werden!”
Ohnehin forderte das Kirchenoberhaupt mehr Demut. Die Kirche solle ihren Auftrag mit Offenheit und Bescheidenheit erfüllen. So klang er bereits am Samstag, als er darauf hinwies, dass sich die Kirche in Europa zu einem “Minderheits-Christentum” entwickelt habe. Ein Ziel sei dabei eine Rückbesinnung auf das Wesentliche. Zugleich betonte Franziskus, dass alle in der Kirche Platz hätten. “Die Einheit in der Kirche ist nicht Gleichförmigkeit, sondern sie besteht darin, Harmonie in der Vielfalt zu finden!”
Kritik erhielt Franziskus allerdings für seinen Vortrag an der Katholischen Universität Louvain. Vor Studierenden und Lehrenden sagte er: “Was für die Frau charakteristisch ist, was weiblich ist, wird nicht durch Konsens oder Ideologien festgelegt. Und die Würde wird durch ein ursprüngliches Gesetz gesichert, das nicht auf Papier geschrieben, sondern dem Leib eingeschrieben ist.” Auch fügte er hinzu: “Frau ist fruchtbares Empfangen, Sorge, lebendige Hingabe – deshalb ist die Frau wichtiger als der Mann.”
Dazu erklärte die Hochschule “ihr Unverständnis und ihre Nichtzustimmung zu der von Papst Franziskus vorgebrachten Position über die Rolle von Frauen in Kirche und Gesellschaft.” Die Worte des Papstes über das Wesen der Frau seien eine “deterministische und reduktionistische Position”, von der sich die Universität distanziere.
Für mehr Begeisterung sorgte anschließend sein unangekündigter Besuch des Jugend-Events “Hope Happening”. Spontan besuchte er die rund 6.000 jungen Leute. In Luxemburg, der ersten Station am Donnerstag, trank er überraschend in einer Kaffeebar in der Innenstadt einen italienischen Espresso. Das Bier – Belgien ist für seine Braukunst weltberühmt -, das er am Samstag in der Gemeinde Saint Gilles überreicht bekam, probierte er dort allerdings nicht: Die vier Flaschen sollen für einen guten Zweck versteigert werden.