Pädagoge: Ballerspiele können Kinder gewaltbereiter machen
Kinder, die häufig digitale Ballerspiele spielen, können nach Einschätzung des Sozialpädagogen Hans Scholten ihre Mitleidensfähigkeit verlieren.
Kinder, die häufig digitale Ballerspiele spielen, können nach Einschätzung des Sozialpädagogen Hans Scholten ihre Mitleidensfähigkeit verlieren. „Viele Kinder leben verstärkt in einer Sekundärwelt. In brutalen Videospielen steht die Person wieder auf, wenn sie niedergeballert wurde. Sie weint nicht, man sieht keinen Schmerz. Das Leid des anderen wird nicht sichtbar. Die Gewissensgrenze wird so herabgesetzt“, sagte Scholten am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.
Der mangelnde Kontakt mit der Wirklichkeit könne dazu führen, dass Kinder eine eigene gewaltvolle Handlung im wirklichen Leben nicht richtig einschätzen könnten. „Dies kann mitunter dann ausarten und ungeahnte Konsequenzen haben.“
Mit Blick auf die jetzt bekannt gewordene mutmaßliche Tötung eines zehnjährigen Mädchens durch einen elfjährigen Jungen in einer katholischen Jugendhilfeeinrichtung in Wunsiedel im April sagte der Experte, grundsätzlich sehe er keinen gesellschaftlichen Trend zu mehr extremer Gewalt bei Kindern. „Ich schließe mich hier der Meinung der meisten Fachleute an, dass es sich bei solchen Handlungen um Einzelfälle handelt“, erklärte der ehemalige Geschäftsführer des Dortmunder Jugendhilfezentrums Raphaelhaus.
Körperlich gewalttätige Auseinandersetzungen unter Kindern gingen seit Jahren eher zurück. Stattdessen verlagerten sich die Auseinandersetzungen ins Internet. Die früheren Raufereien auf dem Schulhof würden durch psychische Gewalt und Mobbing in den sozialen Medien ersetzt. „So etwas ist schwerer in den Griff zu bekommen, weil es subtiler und verletzender ist“, so Scholten. Zudem bekämen Erwachsene es nicht so leicht mit und könnten nicht intervenieren. „Es spielt sich im Geheimen unter der Sichtbarkeit von Erwachsenen ab.“
Für Kinder gebe es heute zu wenig Möglichkeiten, auf legale Weise ihre körperlichen Kräfte zu messen, kritisierte er weiter. Sie müssten aber an Grenzsituationen herangeführt werden. Viel Sport und Bewegung sowie musische Angebote sollten fester Bestandteil in der Pädagogik sein. „Es muss Platz sein sowohl für Leistung als auch für die Wertschätzung desjenigen, der verliert. Man muss ihm Mut machen, seinen Platz trotzdem zu finden“, so Scholten.
Am meisten lernten Kinder durch erwachsene Vorbilder und durch das eigene Erleben, hieß es weiter. Da sie grundsätzlich gegenüber Tieren sehr aufmerksam seien, biete es sich auch an, im Umgang mit ihnen Empathie zu lernen.