“OST-WEST. Europäische Perspektiven” über den Film in Osteuropa

“Drei Nüsse für Aschenbrödel” zeigt, wie sehr Märchenfilme aus dem Osten schon früh etwas Völkerverbindendes hatten. Nun ist ein Heft über Filme aus Osteuropa erschienen. Es geht um Propaganda und Wahrheitssuche.

Dem Thema “Der Kosmos des Films” widmet sich die neue Ausgabe der Zeitschrift “OST-WEST. Europäische Perspektiven” (OWEP). Düstere Bilder und langsames Erzählen verbinden viele Menschen noch immer mit Filmen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa. Dabei ist die Vielfalt des osteuropäischen Kinos viel größer, wie die Autoren dieser Ausgabe aufzeigen. Längst seien die Produktionen Teil des internationalen Filmgeschäftes geworden. – Die Zeitschrift wird vom katholischen Osteuropa-Hilfswerk Renovabis und vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) herausgegeben. Sie erscheint im Verlag Friedrich Pustet.

Der Slawist Ulrich Schmid blickt in seinem Beitrag auf die Geschichte sowjetischer Filme. Dabei erinnert er an legendäre nächtliche Filmvorführungen zu Zeiten von Diktator Josef Stalin im Kreml, wo sogar US-Western und Chaplin-Filme liefen. Die russische Kinolandschaft habe sich nach dem Ende der Sowjetunion mehrfach neu erfunden, auch ein erfolgreiches Arthouse-Kino sei entstanden, schreibt die Film- und Theaterkritikerin Olga Shakina. Doch diese Freiräume seien unter Präsident Wladimir Putin nahezu völlig verschwunden.

Ein erstaunliches Phänomen analysiert die Historikerin Helena Srubar: den Erfolg tschechoslowakischer Kinderserien wie “Pan Tau” oder “Luzie der Schrecken der Straße” in der Bundesrepublik und vielen anderen Ländern Westeuropas. Entstanden waren diese Reihen in den 1970er und 1980er Jahren als Koproduktion des tschechoslowakischen Studios mit dem WDR. Ein bemerkenswerter Kulturimport von Ost nach West. Trotz des “Eisernen Vorhangs” sei eine ganze Generation von Kindern mit denselben Kinderserien aufgewachsen – “eine gemeinsame, grenzüberschreitende Gedanken- und Phantasiewelt”.

“Filme aus Polen sind in Deutschland nur vereinzelt bekannt”, schreibt der Germanist Andrzej Kaluza. Dabei griffen sie wichtige Themen auf und sorgten für kritische Debatten. Als Beispiele führt er die Produktion “Green Border” an, die die Zurückweisung von Flüchtlingen an der polnisch-belarussischen Grenze thematisiert, oder “Kler” (Klerus) über sexuellen Missbrauch von Klerikern in Polen.

Das Heft informiert zudem über die aktuelle Filmszene in Georgien oder in der Ukraine – und berichtet, dass sogar Hollywood-Größen wie Sylvester Stallone oder Antonio Banderas in den vergangenen Jahren öfter in der bulgarischen Hauptstadt Sofia eingeflogen sind. Dort steht das drittgrößte Filmstudio Europas – in dem inzwischen viele US-Blockbuster gedreht werden.