Opferbeauftragter: Anschlagsbetroffene brauchen mehr Empathie

Seit der Messerattacke von Solingen ist das Thema Terroranschlag in Deutschland wieder virulent. Der Bundesopferbeauftragte fordert mehr Empathie für Opfer und Hinterbliebene

Opfer von terroristischen Anschlägen und deren Angehörige erhalten aus Sicht des Bundesopferbeauftragten Pascal Kober zu wenig Aufmerksamkeit vom Staat. “Viele Betroffene empfinden es nicht immer als würdigend und empathisch, wenn sie das Gefühl haben, es wird in Frage gestellt, dass es ihnen schlecht gehen könnte”, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete am Wochenende im ARD Interview der Woche. Befragungen im Anschluss an einen Anschlag würden in der Regel “nüchtern” durchgeführt. “Die Nüchternheit des bürokratischen Prozesses der Begutachtung führt dann zu einer Entfremdung, zu einer Retraumatisierung und wirklich zu einer Entmutigung. Da würde ich mir wünschen, dass es an der Stelle mehr Sensibilität auf allen Seiten gibt.”

Kober, ehemaliger evangelischer Militärpfarrer, betonte, dass Traumatisierung eine “heimtückische Erkrankung” sei. “Symptome können mitunter erst Jahre später auftreten und zerstörerisch wirken.” Bei Betroffenen könne es zu einer tiefen Veränderung der Persönlichkeit kommen, was auf Menschen in deren Umfeld befremdlich wirken könne. Wichtig sei es, Betroffenen und Opfern Unterstützung anzubieten. “Oft wissen die Menschen nicht, welche Möglichkeiten es gibt und häufig wissen auch die Hilfssysteme wie die Unfallkassen nicht, wer betroffen ist.”

Auch nach dem jüngsten Anschlag in Solingen sei er zuständig für die Betreuung der Betroffenen gewesen. Dabei gebe es Unterschiede, ob Menschen selbst verletzt wurden, Angehörige von Getöteten oder Verletzten seien oder Zeugen der Tat. Auf diese unterschiedlichen Bedürfnisse müsse eingegangen werden, betonte Kober. Betroffene würden zudem automatisch zu “Personen der Zeitgeschichte” und Teil der politischen Diskussion. Es gebe Menschen, die nach einem solchen Anschlag sich politisch betätigen wollten, andere suchten Abstand und lehnten die politische Debatte ab.

Kober ist seit Januar 2022 Beauftragter der Bundesregierung für die Anliegen der Opfer und Hinterbliebenen terroristischer Straftaten im Inland, der am Bundesjustizministerium angesiedelt ist.