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“Eiskapelle” in Bayern eingestürzt – wegen Klimawandel

Forscher hatten es wegen des Klimawandels schon erwartet, wenn auch nicht so schnell: Die berühmte Eiskapelle im südbayerischen Nationalpark ist zusammengebrochen.

Da war sie noch intakt: Die Eiskapelle im Süden Bayerns ist eingestürzt
Da war sie noch intakt: Die Eiskapelle im Süden Bayerns ist eingestürztImago / Dreamstime

Bayern hat eines seiner bedeutendsten Naturgebilde verloren: Wie jetzt bekannt wurde, ist die Eiskapelle am Fuß der Watzmann-Ostwand in den Alpen eingestürzt. Der Nationalpark Berchtesgaden, in dem sich der von Eis umgebene Hohlraum befand, nannte das Geschehen “eine Folge des fortschreitenden Klimawandels“. Forschende hätten das Verschwinden der Eiskapelle zwar vorhergesagt, über den frühen Zeitpunkt des Einsturzes seien sie aber überrascht.

Nationalparkleiter Roland Baier ergänzte: “Es ist bedrückend und schockierend zugleich, dass die Eiskapelle, die bereits Alexander von Humboldt im November 1797 besuchte, nun einfach weg ist. Damit verlieren wir nicht nur eine wichtige regionale Sehenswürdigkeit, sondern auch ein überregional wertvolles Geotop” – also ein erdgeschichtlich interessantes Gebilde in der unbelebten Natur. Baier fügte hinzu: “Dem Verschwinden der Eiskapelle werden den Prognosen nach in wenigen Jahren unsere beiden Gletscher folgen. Dies zeigt, wie wichtig es ist, dass sich unsere Forschung im Nationalpark schwerpunktmäßig mit den Folgen des Klimawandels befasst.”

Eiskapelle: Warme Sommer, milde Winter

Zwischen 1953 und 2024 schmolzen den Angaben zufolge knapp eine Million Kubikmeter Firneis der Eiskapelle ab, davon rund 575.000 Kubikmeter seit Ende 2019. “Die vergangenen Winter waren schneearm, die Sommer sehr warm: keine guten Voraussetzungen für den Fortbestand des Geotops. Die warmen Niederschläge der vergangenen Wochen beschleunigten das Abschmelzen, bis die Eiskapelle schließlich nach und nach in sich zusammenbrach.” Firnschnee ist Schnee im Hochgebirge, der seit mindestens einem Jahr liegt. Durch Auftauen und Wiedergefrieren wird er körnig. Aus diesem können Eisschichten entstehen.

Womöglich ist das Naturphänomen aber nicht für immer verschwunden. Andreas Wolf, Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Höhlen- und Karstforscher, erklärte: “Am Ende des Eisgrabens am Fuße der Watzmann-Ostwand werden sich auch in Zukunft winterliche Niederschlagsmassen in Form von Lawinenschnee sammeln und ein Firneisfeld mit einem Höhlensystem bilden. In welcher Größe und in welchem Ausmaß, wird die Zukunft zeigen. Grundsätzlich bin ich zuversichtlich, dass ein oder mehrere kalte und schneereiche Winter vielleicht wieder eine kleinere Eiskapelle entstehen lassen.”

Woher die Eiskapelle ihren an ein Gotteshaus erinnernden Namen hat, ist unklar. Sicher sei nur, dass der Titel weit in die Geschichte zurückreiche, teilte der Nationalpark auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Er werde bereits 1801 in Christian Wilhelm Ritters Buch “Beschreibung der größten und merkwürdigsten Hölen der Erde” erwähnt. Eine mögliche Erklärung sei die erhaben-mystische Anmutung des Naturgebildes.