“Ich kenne keine Gemeinde in Niedersachsen, die Eintritt nimmt“, sagt Pastorin Beate Stecher. Stattdessen beobachte sie, dass sich immer mehr Gemeinden um eine besondere Willkommenskultur bemühen. „Viele Gemeinden versuchen, ihre Kirche einladend zu gestalten, sie machen Licht an und stellen Blumen auf“, betont die Referentin für den Bereich Kirche im Tourismus in der Landeskirche Hannovers. „So wollen sie es ihren Gästen so schön wie möglich machen.“ Vielerorts liegen Gästebücher aus, und es gebe Willkommensteams, die den Besuchern Auskunft geben oder Führungen anbieten.
Viele überrasche dieser kostenlose Service, sagt Ute Morawetz. „Sie erwarten nicht, dass da jemand ist, der sie willkommen heißt und hereinbittet.“ Die 66-jährige Betriebswirtin engagiert sich seit vier Jahren als ehrenamtliche Aufsicht und Kirchenführerin in der Eine-Welt-Kirche Schneverdingen. „Umso mehr freuen sich manche, wenn sie dazu noch Infos über das architektonische Konzept der ehemaligen Expo-Kirche erhalten.“
Allerdings gebe es auch die anderen Besucher, die weniger an den historischen oder künstlicherischen Aspekten des Gebäudes interessiert sind. „Sie wollen zur Ruhe kommen, den besonderen Ort und die Atmosphäre auf sich wirken lassen, eine Kerze anzünden oder beten“, erklärt Pastor Benjamin Simon-Hinkelmann, Sprecher der Landeskirche Hannovers.
Kostenlose Begegnung mit dem „lieben Gott“
Eintrittsgelder würden zu diesem Anliegen nicht passen, betont Michael Strauß, Sprecher der Landeskirche in Braunschweig. „Die Gotteshäuser sollten frei zugänglich sein, da die Begegnung mit dem lieben Gott grundsätzlich nicht kostenpflichtig sein sollte.“
Seit mehr als 25 Jahren arbeiten viele Gemeinden gezielt an ihrer Willkommenskultur. „Ein blaues Signet am Portal der Kirche signalisiert den Besuchern, dass diese Kirche verlässlich geöffnet und einladend gestaltet ist und dass man sich um die Besucher bemüht“, sagt Pastorin Stecher, die unter anderem eine umfassende Kirchenführer-Ausbildung anbietet. Diese Voraussetzungen würden im Bereich der Landeskirche Hannovers mehr als 350 Kirchen erfüllen, weswegen sie als „Offene Kirchen“ ausgezeichnet seien, darunter einige zusätzlich als Radwege- und Pilgerkirchen.
Die Besucher wissen das Angebot zu schätzen. „Sie bedanken sich, dass jemand für sie da war oder dass sie etwas Schweres ablegen konnten“, erzählt Pastorin Stecher. Davon würden nicht nur seelsorgerliche Gespräche und Gästebücher zeugen. „Viele erkennen das Bemühen der Gemeinde und sind deswegen auch gerne bereit, etwas zu spenden.“
