Oberste Sozialrichterin für Bürokratieabbau bei Sozialleistungen

Bürgergeld, Bafög und bald Kindergrundsicherung: Viele Sozialleistungen, doch zu viel Bürokratie, meint die neue Präsidentin des Bundessozialgerichts. Besonders für eine Bevölkerungsgruppe wird es dadurch schwieriger.

Sozialleistungen in Deutschland zu beantragen, soll aus Sicht der neuen Präsidentin des Bundessozialgerichts, Christine Fuchsloch, mit weniger Bürokratie verbunden sein. Es gebe derzeit eine komplizierte Struktur von Bürgergeld, Bafög, Wohngeld und der Grundsicherung für Arbeitssuchende. „In diesem System gibt es eine Kaskade von Bedürftigkeitsprüfungen, für die jeweils eigene Anforderungen gelten. Es würde sich lohnen, darüber nachzudenken, wie sich dieses Sicherungssystem entwirren lässt“, sagte Fuchsloch im Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch).

Als Beispiel nannte sie die geplante Kindergrundsicherung. Wenn sie so eingeführt würde, wie von der Bundesregierung derzeit geplant, würde sie viel bürokratischen Aufwand bedeuten. „Vor allem für Familien im Bürgergeld wären Nachteile verbunden, weil für sie künftig zwei Behörden zuständig wären: das Jobcenter für die Eltern und der neue Familienservice für die Kinder“, so die Juristin. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte angedacht, bedürftige Kinder nicht durch das Jobcenter betreuen zu lassen, da dies stigmatisierend sei.

Aus Fuchslochs Sicht schaffen zusätzliche Behördenwege für Familien im Bürgergeld jedoch nur weitere Probleme. „Wenn es gelingt, das zu vermeiden, könnte die Kindergrundsicherung ein erster Schritt sein, um die Vielfalt der Sicherungssysteme zu vereinfachen.“

Auch ein kostenfreies Schulmittagessen für alle Schülerinnen und Schüler würde sie aus diesem Grund befürworten. „Damit entfielen die aufwendigen Einzelabrechnungen für Familien, die Anspruch auf den staatlichen Kostenzuschuss haben“, erklärte Fuchsloch. Zudem habe das Bundessozialgericht bereits früher entschieden, dass ein gemeinsames Mittagessen wichtig für die soziale Teilhabe von Kindern sei. „Das Mittagessen muss deswegen nicht für alle kostenlos sein. Aber das wäre das bürokratieärmste Modell.“

Seit 1. März ist Fuchsloch als Nachfolgerin von Rainer Schlegel Präsidentin des Bundessozialgerichts. Sie ist die erste Frau auf dieser Position. Zuvor war sie Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts.