Vor 100 Jahren sind im oberfränkischen Neuenmarkt mit Unterstützung der damaligen Reichsbahn die ersten Eisenbahnerkirchen der Region entstanden. Dieses Jubiläum feiern das Deutsche Dampflokomotiv Museum und die evangelische Kirche mit einem Dekanatsgottesdienst am Sonntag (13. Juli) um 10 Uhr im Museum. Jürgen Birk, der fachliche Leiter des Museums, erklärt im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd), wie diese speziellen Kirchen 1925 entstanden sind.
epd: Eine 100 Jahre alte Kirche ist an sich nichts Ungewöhnliches. Was ist das Besondere an den Eisenbahnerkirchen in Neuenmarkt?
Jürgen Birk: Diese Kirchen wurden mithilfe und teilweise sogar auf Veranlassung der Eisenbahn gebaut. Durch die Eisenbahn sind viele Arbeiter aus anderen Regionen gekommen. Damit auch für ihr seelisches Wohl gesorgt ist, wurde der Bau von Kirchen unterstützt. Die ersten Eisenbahnerkirchen sind in England schon um 1830 entstanden. Das Besondere ist auch, dass der Architekt von der Eisenbahn gestellt wurde und sonst die Bahngebäude entworfen hat. Das spiegelt sich teilweise auch im Stil der Kirchen wider.
epd: In Neuenmarkt wurden zeitgleich eine katholische und eine evangelische Kirche für die Arbeiter gebaut. Wie kam es dazu?
Birk: Neuenmarkt war zu dieser Zeit eigentlich evangelisch geprägt, aber durch die Eisenbahn kamen eben auch viele Katholiken. Finanziert wurde der Bau hauptsächlich über Spenden. Die Eisenbahn hat mit Material und Arbeitskraft unterstützt. Beide Kirche sind bis heute in Benutzung.
epd: Der Gottesdienst mit dem evangelischen Landesbischof Christian Kopp am Sonntag trägt den Titel „Doppelte Zugkraft“. Worauf bezieht sich die Anspielung?
Birk: Es hat einerseits etwas damit zu tun, dass es damit spielt: die Zugkraft der Eisenbahn und die Zugkraft des Glaubens. Das passt irgendwie. Historisch erinnert es daran, dass Neuenmarkt erst durch die „schiefe Ebene“ zum Eisenbahnerdorf wurde. Diese fängt direkt hinter dem Ort an und bezeichnet eine starke Steigung, die die Eisenbahn auf relativ kurzer Strecke bewältigen musste. Das schaffte sie damals nicht aus eigener Kraft, deshalb wurden zusätzlich Schiebelokomotiven zur Verfügung gestellt. Die waren hier stationiert und haben dann zusammen mit der eigentlichen Lok – also mit doppelter Kraft – die schweren Zuggarnituren bewegt. (2245/09.07.2025)