Beten mal anders: Der norwegische Autor Jon Fosse erzählt bei einem Besuch in Köln, warum er beim Schreiben nah bei Gott ist – und was das mit dem Kölner Dom zu tun hat.
Für den norwegischen Literaturnobelpreisträger Jon Fosse (65) ist das Schreiben eine Art Gebet. “Ich bin kein Freund großer Worte. Und mein Ausspruch ‘Literatur bedeutet Beten’ ist sicher ein großes Wort. Aber für mich ist das Schreiben die ehrlichste Art, ein Gebet zum Ausdruck zu bringen”, sagte der Schriftsteller am Mittwoch in Köln.
Schon in seiner frühen Schaffensphase, noch bevor er zum katholischen Glauben konvertierte, hat Fosse sich nach eigenem Bekunden zur Verbindung von Glaube und geschriebenem Wort geäußert. “In jungen Jahren wurde ich von der Presse gefragt, wofür ich eigentlich schreibe. Da habe ich geantwortet: Für Gott. In Norwegen hat das für Schlagzeilen gesorgt”, so der Autor bei einer Veranstaltung des Erzbistums Köln zum Aschermittwoch der Künstlerinnen und Künstler. Fosse war zunächst evangelisch-lutherisch, wurde dann Quäker und konvertierte 2013 zum Katholizismus.
Dass er sich durch das Schreiben selbst in tiefer Konzentration mit etwas Größerem verbinde, wie ein Mensch im Gebet, habe er dann später auf seinen Lese- und Theaterreisen gelernt. “Etwa im Kölner Dom habe ich mitten am Tag Leute gesehen, die tief im Gebet versunken waren. Sie haben sich auf ihre Weise, in ihrer katholischen Tradition Gott genähert. Und ganz Ähnliches fühle ich beim Schreiben, wenn ich ebenfalls konzentriert und ehrlich über die Welt nachdenke.”
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki dankte dem Autor für sein offenes Bekenntnis zum Glauben: “Ein Glaubenszeugnis wie Ihres ist in der heutigen Welt eher rar geworden. Vom Geheimnis der Begegnung mit Gott und dem Gebet spricht in dieser Öffentlichkeit kaum noch jemand, wie Sie es tun.” Das Werk Fosses bezeichnete der Kardinal als einzigartig, beeindruckend und berührend.
Der “Aschermittwoch der Künstler” soll Begegnungen von Kirche und Kunst ermöglichen. Dazu gibt es zum Auftakt der Fastenzeit in zahlreichen deutschen Städten Veranstaltungen. Die Initiative dazu kam nach dem Zweiten Weltkrieg aus Frankreich. Dort strebte der katholische Schriftsteller Paul Claudel (1868-1955) mit einer solchen Begegnung einen spirituellen Neuanfang für Europa an. Der erste “Aschermittwoch der Künstler” in einer deutschen Diözese fand 1950 in Köln statt.