Niemand geht verloren!

Wir feiern Weihnachten. Ein Fest im dunklen Dezember. Ein geheimnisumwittertes Fest und zugleich ein faszinierendes Fest wenn wir an die Kinder denken. Wenn man allerdings älter geworden ist, dann reichen die Erinnerungen an Weihnachten ein wenig weiter zurück. Jedes Weihnachtsfest war da anders … Von Veit Hoffmann

Foto: Constance Bürger

Von Veit Hoffmann

Wir feiern Weihnachten. Ein Fest im dunklen Dezember. Ein geheimnisumwittertes Fest und zugleich ein faszinierendes Fest wenn wir an die Kinder denken. Wenn man allerdings älter geworden ist, dann reichen die Erinnerungen an Weihnachten ein wenig weiter zurück. Jedes Weihnachtsfest war da anders. Da gab es die schönen Feste, es gab auch die bedrückten Feste, die traurigen ebenso wie die tränenreichen. So ist es geblieben. Doch wie auch immer wir die Weihnachtsfeste feierten: Stets erklangen die altbekannten Lieder, wie „Stille Nacht“ und „O du fröhliche“. Im Älterwerden merken wir, dass dieses Fest auch Beschwerden mit sich bringt. Nicht wenige Menschen haben Angst vor Weihnachten, Angst vor den Erinnerungen und den Gefühlen, die hochkommen. Angst vor dem Alleinesein.

Stellen wir uns doch einmal vor, an Weihnachten wären die Kirchen verschlossen. Auch die Pfarrer und ihre Mitarbeiter stünden machtlos vor den Kirchentüren. Sie kämen nicht rein. Und auch alle Weihnachtsbäume der Stadt würden erlöschen. Die Glocken würden nicht läuten und der Himmel wäre wolkenverhangen. Stellen wir uns einmal vor, die himmlische Schar der Engel würde streiken. Alles wäre dunkel, ja, finster.

Und stellen wir uns für einen Augenblick einmal vor, der Himmel hätte sich auch damals verweigert. Vor über 2000 Jahren über Betlehem: Die rührende Geschichte von der Geburt Jesu wäre nichts als eine Geschichte der Armut. Kein Zuhause, eine unfreundliche Umwelt, verlauste Hirten im Stall, politische Finsternis und Fremdherrschaft durch Kaiser Augustus, die Flucht nach Ägypten stand dem heiligen Paar bevor. Was wäre diese Geschichte ohne Gott, ohne Engel, ohne himmlische Heerscharen? Dunkel, voller Armut und Hilflosigkeit. Das Leben hart, wie der Boden, auf dem die Hirten ihre Schafe weideten.

Zum Glück ist es so nicht. Wir feiern das Ereignis der Christgeburt. Der Himmel öffnete sich über Menschen, die nicht im Blickfeld waren, die das nicht erwartet haben. Das Licht ist erschreckend über sie hineingebrochen. Es hat sie in Angst versetzt. „Fürchte dich nicht“ lautet deshalb die erste Ansprache an diese Personen.

Da hat sich für einen Moment eine andere Dimension aufgetan. Für einen Augenblick nur, doch der reichte aus, um noch nach über 2000 Jahren davon zu erzählen. Was ist Weihnachten?

Die zentrale Antwort steht im Evangelium des Johannes:„So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn dahingab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben“.

Du sollst nicht verloren gehen, du darfst nicht verloren gehen, du wirst nicht verloren gehen! Ich glaube schon, daß das die wichtigste Zusage an diesem Abend ist, die einem Menschen gemacht werden kann! Für die Kinder und für uns. Du sollst und du wirst nicht verlorengehen! – eine Zusage für die Lebenden, die Sterbenden und die Verstorbenen. DIE zentrale Zusage des Weihnachtsfestes.

Wir könnten so viel von Verlorenheit reden. So viel davon, wie es ist, wenn der Himmel sich nicht öffnet. Soviel davon, wie es ist, wenn wir uns nur mit uns selbst beschäftigen. Wenn Verlorene reden – meist halten sie Monologe – dann bleibt das Weihnachtsgeheimnis draußen. Dann bleibt es das große Geschäft für die einen und das Hetzen und Jagen für die anderen. Muss das sein?Weihnachten. Der Himmel tut sich auf für Momente und Gott schenkt der Welt seinen Sohn. Übertragen sagt er: Nehmt ihn, wickelt ihn, nährt ihn, liebt ihn …. verratet ihn, schindet und kreuzigt ihn. Was auch immer ihr mit ihm macht. Eines könnt ihr an ihm lernen: Er geht nicht verloren! Nicht im Leben und nicht im Sterben. Und so wird es auch mit uns sein. Das ist die Weihnachtsbotschaft. Geheimnisvoll und unerklärbar.

Nach dieser kurzen Botschaft wurde es wieder dunkel um den Stall in Bethlehem.

Ringsum ein steinernes Feld. Nur das Vieh bleibt ruhig und frißt sein Heu. Der Himmel hat geboren. Und trotzdem: Was für Gegensätze waren das! Hier die Armut, dort die jubelnde Menge der himmlischen Heerscharen. Hier die schweren Herzen, dort die wohlklingende Botschaft aus dem Himmel. Der Friedensgesang.

Das war keine Nachtschwärmerei einiger Schäfer, sondern hier berührten sich zwei unterschiedliche Dimensionen. Vielleicht sind diese unterschiedlichen Dimensionen gar nicht weit voneinander entfernt. Vielleicht umschließt die eine die andere Dimension, getrennt nur durch einen Schleier vor unseren Augen? Denkbar. Auch wissenschaftlich denkbar. Jedenfalls damals war eine andere Dimension sichtbar, heute ist sie spürbar und erlebbar durch die Nähe Gottes. In schweren Situationen des Lebens besonders.

Wissen Sie, was Glaube heißt? Glaube heißt: Ich will, dass es so gewesen ist. Und ich will nicht, dass die himmlischen Heerscharen streiken. Und: Ich will diese Liebe spüren!

Der Glaube an die Christgeburt.In der Kindheit er ging er noch leichtfüssig daher. Damals. Später bekommt der Glaube einen schwereren Schritt. Er wird von Zweifeln begleitet – das ist schon in der Bibel so. Der Glaube trägt den Zweifel als Gepäck mit sich. Der Glaube macht keine Sprünge mehr. Er will umworben sein und gewollt. An Weihnachten sollten wir ganz kindlich an den denken, der alles kennt und sieht. Es gibt ihn und er streikt nicht! Niemand geht verloren!

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Veit Hoffmann