Nicht liegen bleiben!

Über die EM-Niederlage der Fußballer und ihre Lehren schreibt Eberhard Erdmann. Er ist Pastor im Ruhestand aus Mecklenburg-Vorpommern.

Der Predigttext des kommenden Sonntags lautet: „Wach auf, du Schläfer! Steh auf vom Tod! Und Christus, deine Sonne, geht für dich auf.“ aus dem Epheserbrief 5, 8b-14
Betäubt, niedergeschlagen, am Boden zerstört – wie tot, die Helden des grünen Rasens. Das Spiel ist aus, verloren. Ihre Augen – sinnentleerter Blick ins Nirgendwo. Alles Leben scheint von ihnen gewichen. Es geht ihnen wie den Mannschaften, die zuvor in dieser Fußball-EM ausgeschieden sind. Die Zeit steht scheinbar still, aus der sie so unsanft gefallen sind. Die Fans im Stadion, auf den heimischen Festmeilen, die Rudel-Gucker in und vor den Kneipen, in den Wohnzimmern verfallen in kollektive Trauer, wenden sich enttäuscht ab.
Eine Fußball-Großmacht – vierfacher Welt-, dreifacher Europameister – ist auf Normalmaß zurückgeschrumpft. Die deutsche Nationalmannschaft hat als Projektionsfläche für individuelle wie kollektive Blütenträume an Pracht und Größe eingebüßt. Entsprechend die Palette der Kommentare in den Medien und aus Volkes Stimme. Von zynischem Spott über Häme bis zu echtem Mitgefühl ist alles dabei. Den „Pott“ hat die Konkurrenz Ronaldo & Co. aus Portugal gewonnen. „Ist ja nur ein Spiel“, resümiert der zur Distanz fähige Betrachter.
Aber der Kampf um den Ball zwischen zwei Toren ist wohl doch mehr – ein Bei-Spiel in wörtlichem Sinn für einen umfassenderen Fight. Das Feld ist die weite Welt wie die kleine unseres Lebens. Paulus beschreibt diesen Kampf im Brief an die Epheser in damals gängigen Gegensätzen wie „Finsternis“ und „Licht“. Er zitiert einen urchristlichen (Tauf-)Hymnus, der den im Kampf niedergegangenen und wie im Todesschlaf befangenen Menschen anfeuert: „Steh auf vom Tod, Christus, deine Sonne …“ „Du warst verloren. Das ist vorbei. Neues Leben beginnt für dich.“
Beim Bei-Spiel Fußball zieht achtjähriger Kindermund schlicht, aber punktgenau die Wurzel aus dem gefühlten Desaster für die Zukunft: „Ist ja nicht so schlimm. Man kann auch mal verlieren. Beim nächsten Mal gewinnen sie bestimmt wieder.“ Und dann war noch im Fernseher zu sehen, wie ein kleiner portugiesischer Junge einen weinenden französischen Fan tröstete.
Unser Autor
Eberhard Erdmann
lebt als Pastor im Ruhestand in Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern).
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.