Nicaragua schiebt inhaftierte Bischöfe in den Vatikan ab

Ausbürgerung nach alter sozialistischer Manier: Mit Abschiebung katholischer Regimegegner in Richtung Vatikan endet ein Kapitel der politischen Verfolgung von Kirchenvertretern in Nicaragua. Die Vorwürfe sind dubios.

Abgeschottet von Öffentlichkeit und Medien ist am frühen Sonntagmorgen ein Flugzeug aus Managua in Richtung Rom gestartet. An Bord waren unter anderen die beiden Bischöfe Rolando Alvarez aus Matagalpa und Isidoro Mora Ortega aus Siuna. Unterschiedliche Zahlen nennen die Berichte zu weiteren zwangsausgebürgerten Geistlichen, die ebenfalls nach Europa abgeschoben wurden. Es soll ein gutes Dutzend Kirchenleute sein, die allesamt in den vergangenen Monaten und Wochen verhaftet wurden.

Einige Flugstunden entfernt in Miami verfolgte ein weiterer nicaraguanischer Bischof das Geschehen auf seinem Mobiltelefon. Vor und nach dem Gottesdienst brachte sich Managuas Weihbischof Silvio Baez auf den neuesten Stand. Papst Franziskus hatte Baez 2019 aus Nicaragua ins Ausland geschickt, nachdem es Morddrohungen gegen den Bischof gegeben hatte.

Am Ende des Gottesdienstes in Miami überprüfte Baez dann noch einmal sein Handy unter Tränen. „Die verbrecherische Diktatur von Daniel Ortega hat die Macht Gottes nicht besiegen können. Die Bischöfe, Priester und Seminaristen, die entführt wurden, die zu Unrecht im Gefängnis saßen und die unschuldig waren, sind auf dem Flughafen von Rom gelandet und wurden vom Heiligen Stuhl empfangen“, sagte Baez lokalen Medienberichten zufolge. Er danke Papst Franziskus und der vatikanischen Diplomatie, die sich offenbar maßgeblich für die Freilassung eingesetzt haben.

Das Portal „100% Noticias“ veröffentlichte am Abend erste Bilder aus den sozialen Netzwerken, die die ausgewiesenen Bischöfe Alvarez und Mora bereits bei einem Dankgottesdienst in Rom zeigen sollen. In einer Stellungnahme bedankte sich das Regime von Machthaber Ortega immerhin für die Vermittlungsbemühungen von Franziskus und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.

Damit sind nun alle Kirchenvertreter aus Nicaragua, die in den vergangenen Jahren Kritik an der linksautoritären Regierung geäußert haben, im Exil. Eine klare Botschaft der Machthaber: Die Kirche hat demnach nur die Wahl zwischen Schweigen, Gefängnis oder Exil.

Vor allem der Fall Alvarez hatte international für Empörung gesorgt: Im August 2022 war der Bischof verhaftet worden, nachdem seine Residenz schon Tage zuvor von Polizisten belagert worden war und er Gottesdienste nur noch über Internet und Radio feiern konnte. Er galt als einer der schärfsten Kritiker der Sandinisten. Die Regierung warf dem Bischof vor, gewalttätige Gruppen organisiert und zu „Hassverbrechen“ angestiftet zu haben, mit dem Ziel, „den Staat Nicaragua zu destabilisieren“.

Im Februar 2023 verurteilte ein Gericht Alvarez in einem Schnellverfahren wegen Ungehorsams, Untergrabung der nationalen Integrität und weiterer Delikte zu einer Haftstrafe von 26 Jahren. Die Behörden entzogen ihm die nicaraguanische Staatsbürgerschaft. Danach weigerte sich Alvarez, mit mehr als 200 weiteren politischen Gefangenen in die USA abgeschoben zu werden. Nun aber stimmte der Bischof, der in der Haft deutlich an Körpergewicht verlor, der Abschiebung wohl zu.

Die schwere innenpolitische Krise in Nicaragua begann bereits 2018, als Pläne für Steuererhöhungen und Rentenkürzungen eine landesweite Protestwelle auslösten. Die Regierung ließ die Demonstrationen mit brutaler Gewalt niederschlagen. Pfarrer und Bischöfe öffneten ihre Kirchen, um Demonstranten Schutz zu gewähren. Seitdem ist das Verhältnis zwischen Staat und Kirche extrem angespannt.

Ob das Ortega-Regime die Kritik aus den Reihen der Kirche nun dauerhaft erstickt hat, wird sich zeigen. Der Augsburger Bischof Bertram Meier, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, warf der Führung in Managua am Montag despotisches Gebaren vor. „Als Menschen des Glaubens aber dürfen wir hoffen, dass die Stimme des Evangeliums nicht durch politische Machtmittel zum Schweigen gebracht werden kann. Die Solidarität der deutschen Katholiken gilt allen, die um Jesu willen verfolgt werden,“ so Meier.