Neues Leben im Katharinen-Viertel
In direkter Nähe zur Hauptkirche St. Katharinen soll aus einem alten Parkhaus ein neues Wohnhaus entstehen. Aus sieben Entwürfen wurde nun ein Konzept favorisiert, welches auch Katharinen-Pastor Frank Engelbrecht gefällt.
Die Genossenschaft Gröninger Hof will das Hamburger Stadtleben maßgeblich verändern, gleich bei der Hauptkirche St. Katharinen. Aus einem Parkhaus soll ein Haus für Menschen werden – Der Gröninger Hof. Jetzt steht fest, wie er aussehen soll. Von Anfang an dabei war Katharinen-Pastor Frank Engelbrecht. Er sprach mit Catharina Volkert über die kommende Stadt.
Wie ist nun der Architekturwettbewerb um die Gestaltung des Gröninger Hofs ausgegangen?
Es sind sechs hochkarätige Entwürfe entstanden. Dabei hatten die Architekturbüros knifflige Aufgaben zu lösen: Es galt, möglichst viel alte Bausubstanz zu erhalten, um graue Energie zu sparen. Das hat seine Grenzen, beispielsweise in den Staffelgeschossen des Parkhauses, bei denen die Deckenhöhen zu niedrig sind zum Wohnen. Die andere große Herausforderung ist die Belichtungssituation. Autos brauchen nicht viel Licht, Menschen aber wohl. Das Grundstück ist von drei Seiten eingeschlossen, sodass direktes Sonnenlicht nur von oben und von Westen einfällt. Die Lösung ist, Lichthöfe zu schaffen.
Wie geht es nun weiter?
Wir haben jetzt einen Siegerentwurf von „Duplex Architekten“ aus Zürich. Nun gilt es, mit den Büro das weitere Vorgehen abzustimmen. Zugleich müssen wir die Finanzierung organisieren und das Baurecht schaffen, um von der Stadt das Grundstück im Erbbaurecht zu übernehmen. Wir setzen darauf, dass uns das im Laufe von 2022 gelingt, sodass wir spätestens 2023 mit dem Bau beginnen können. Dann wäre der Gröninger Hof 2025 bezugsfertig.
Was wird er kosten – und wie stemmt die Genossenschaft diesen Kraftakt?
Für das Gesamtprojekt rechnen wir derzeit mit etwa 25 bis 30 Millionen Euro. Zur Finanzierung gehören die Einlagen der Genossinnen und Genossen, die sie je nach Wohnungsgröße entrichten, und auch die Mieten, die sie später zahlen. Darüber hinaus sind wir auf Darlehen angewiesen. Wir sind dabei, Pioniere zu gewinnen, die dieses Projekt im Herzen Hamburgs fördern. Zudem haben wir einige soziale Träger an Bord, die bereit sind, Wohnraum für ihre Gruppen im Gröninger Hof zu übernehmen. Dazu gehören die Evangelische Stiftung Alsterdorf, das Studierendenwerk Hamburg oder die Jugendhilfe e.V.
Sind Sie eigentlich als Pastor Genossenschaftsmitglied?
Ich vertrete als Person die Katharinengemeinde, sodass sie über mich Genossin des Gröninger Hofs ist. Ich selber werde nicht einziehen, sondern gehöre nur zu den Mitinitiatoren dieser Genossenschaft, die allesamt gesagt haben: Wir bauen hier nicht für uns, sondern für Hamburg. In diesem Sinne bin ich als Nachbar und Pastor von St. Katharinen Mitglied.
Parkplätze zu Wohnraum klingt wie Schwerter zu Pflugscharen
Das ist ein schönes biblisches Bild. Ja, der Gröninger Hof ist ein Symbol für das neue Paradigma: von der autogerechten Stadt zur Stadt nach menschlichem Maß. Weg von der Funktionstrennung, hin zu Engagement, Kommunikation und Vielfalt in lebendiger Nachbarschaft.
Das bedeutet ein bisschen, dass es zurück zu den Wurzeln geht: Die Katharinenkirche ist einst gebaut worden, damit auf der Insel Grimm neues Quartier entsteht. Es wuchs dann ein dichtes Stadtgebilde, das seit dem 19. Jahrhundert tiefe Einschnitte erfuhr: zuerst durch den Bau der Speicherstadt samt Zollzaun, für die das Wandrahmquartier abgerissen wurde, in dem damals mehr als 20 000 Menschen wohnten; dann durch den Feuersturm im Zweiten Weltkrieg und die Stadtentwicklung seit den 1950er- Jahren, die hier eine Bürostadt entstehen ließ.
Sehen Sie Ihr Engagement auch als Gemeindeaufbau?
Ich sehe es als Gemeinde- und Gemeinwesenaufbau. Der Gröninger Hof ist zwar kein kirchliches Haus, aber mir ist wichtig, dass wir als Gemeinde mit dafür sorgen, dass sich der gute Geist dieser Kirche in unsere Umgebung übersetzt. „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die kommende suchen wir“ aus dem Hebräerbrief steht über dem Eingang im Turm von St. Katharinen. Dieses Projekt ist für mich ein Teil dieser Suche. Im Grunde wünsche ich mir unser „Dorf“ zurück – und dass aus der Monokultur aus Straßen und Büros wieder Vielfalt erwächst: mit Leben, Wohnen und Arbeiten, aber auch mit Muße und Feiern.
Die Genossenschaft hat sich 2018 gegründet, vor der Pandemie. Hat sie ihre Perspektive verändert?
Die Pandemie hat uns alle in eine Situation der Notverordnungen gebracht. Das haben die meisten von uns so noch nie erlebt. Daraus entsteht eine große Sehnsucht nach persönlicher Begegnung, gerade auch im öffentlichen Raum, auch weil man draußen sicherer ist als drinnen. Ein Chor hat beispielsweise jetzt schon begonnen, vor der Werkstatt des Parkhauses zu proben. In alledem spüren wir, wie wichtig das ist, Menschen zu haben, die aufeinander achten: Nachbarschaft gewinnt an Bedeutung, in Verbindung bleiben als Gegengift gegen Einsamkeit.
Weitere Informationen gibt es auf: groeninger-hof.de.