Neuer Tumult um Pachtvertrag in Jerusalemer Armenier-Viertel

Der Fall ist rechtlich knifflig und emotional hoch aufgeladen: Ein Grundstücksdeal in der Jerusalemer Altstadt sorgt seit langem für Ärger und Zusammenstöße. Christen sehen ihre Präsenz bedroht. Nun eskalierte es erneut.

In der Kontroverse um einen Pachtvertrag im Armenier-Viertel der Jerusalemer Altstadt ist es am Mittwoch erneut zu einem Zwischenfall gekommen. Nach Angaben von Bewohnern betrat die israelische Polizei am Vormittag den Parkplatz an der Altstadtmauer und riss provisorische Schutzhütten nieder, die armenische Wächter zum Schutz des Terrains errichtet hatten. Daraufhin strömten mehrere Dutzend armenische Geistliche, Seminaristen und Anwohner aus Protest auf das Gelände und lieferten sich heftige Diskussionen mit der Polizei.

Hintergrund ist ein umstrittener Pachtvertrag von Vertretern des Patriarchats mit dem jüdisch-australischen Privatinvestor „Xana Capital“; er will auf dem Parkplatz und weiteren Teilen des armenischen Viertels ein Luxushotel errichten. Dagegen hatte die rund 2.000 armenische Christen zählende Gemeinschaft in der Jerusalemer Altstadt vor sechs Wochen Klage am dortigen Bezirksgericht eingereicht und will den Vertrag für ungültig erklären lassen. Sie fürchtet, dass ein Ausverkauf von Kirchenland eine dauerhafte Veränderung der armenischen Präsenz und letztlich der gesamten christlichen Prägung der Jerusalemer Altstadt bedeuten würde.

Bei dem Pachtvertrag geht es um die Nutzung von 11.500 Quadratmetern Land – rund ein Fünftel des armenischen Viertels – für den Bau eines Hotels und möglicher weiterer Immobilien. Eine Kommission US-amerikanisch-armenischer Rechtsexperten hatte im Juli 2023 erhebliche Mängel an dem Vertrag festgestellt, der bis zu 98 Jahre Laufzeit haben soll.

In ihrem Bericht verwies die Kommission auf erhebliche Verstöße gegen die Verfassung des Patriarchats wie eine fehlende Zustimmung des Leitungsgremiums Heiliger Synod und der Sankt-Jakobus-Bruderschaft. Zudem bestünden formale Unregelmäßigkeiten. Ein Priester des Patriarchats, der die Vereinbarung damals abgeschlossen hatte, wurde inzwischen seines Postens enthoben.

In der armenischen Gemeinschaft Jerusalems hatte der Vertrag, dessen Inhalt lange geheimgehalten wurde, zu starkem Widerstand geführt. Sie fürchten, dass es mit der beschaulichen Ruhe rund um den Patriarchatssitz vorbei wäre und hier ein neues, lautes jüdisches Viertel entstehen soll.

Um das Armenier-Viertel und den Parkplatz war es in den vergangenen Monaten mehrfach zu teils gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen. Ende Dezember hatte ein vermummter und teils bewaffneter Schlägertrupp Mitglieder der armenischen Gemeinschaft überfallen und einige schwer verletzt.