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Neue Gartenratgeber der Stiftung Warentest betören und verärgern

Endlich wird es draußen heller und wärmer – also ab in die Rabatten! Zwei neue Gartenratgeber der Stiftung Warentest bieten dazu viele Informationen und Inspirationen. Zu empfehlen sind sie allerdings nur eingeschränkt.

Gartenbücher gibt’s wohl mehr als Grashalme auf einem Fußballfeld. Nun sind noch zwei weitere erschienen, herausgegeben von der Stiftung Warentest: “Das große Gemüse- und Obstgartenbuch” und “Das große Buch der Stauden und Sommerblumen”. Die Ratgeber haben den Anspruch und vom Grundsatz her auch das Zeug zum Standardwerk für Freunde von Funkien und Feuerbohnen. Jedoch sprießt darin auch Ärgerliches: der Fehlerteufel nämlich.

Das Positive vorweg: Wer jetzt am Frühlingsbeginn in die neue Gartensaison starten will, der findet in beiden Büchern jede Menge hilfreiche Tipps. Schon der Aufbau ermöglicht auch dem letzten Blatt-und-Blüten-Laien einen fixen Zugang zum floralen Basiswissen. So lässt sich etwa Beeten ohne Mühe ein blaues Wunder bescheren – indem man sie mit blau blühenden Blumen bepflanzt. Eine Übersicht passender Arten bieten die Klappeninnenseiten des Stauden-Buchs, ergänzt um chronologisch geordnete Blühzeiten im Jahresverlauf – von der Gartenhyazinthe über Kornblume und Natternkopf bis zu verschiedenen Herbstastern.

Natürlich gibt es diesen Service auch für weitere Farben. Und im Hauptteil dann zum Beispiel auch für unterschiedliche Standorte: für sonnige Plätze wie für schattige, für feuchte wie für trockene.

Immer wieder knospen außerdem gute Grundsatztipps in den Kapiteln: So sollte man Beete vom eigenen Standpunkt aus nach Blumenhöhe gestaffelt aufbauen, also niedrige Arten nach vorn und hohe nach hinten setzen, damit sich eine harmonische Optik ergibt und grazilere Gewächse nicht untergehen. Auch wichtig: Frühjahrsblüher wie Tulpen sollten von zügig wachsenden Stauden mit dekorativem Blattwerk umgeben sein. Denn sie müssen in Ruhe welken dürfen, um aus den Blättern Kraft in die Zwiebeln einziehen zu können. Währenddessen sehen sie leider nicht mehr schön aus – gut also, wenn andere Blumen wie Storchschnabel das vergilbende Laub verdecken.

Bedenkenswert sind auch die Zeilen zum Pflanzenschutz. Tenor: Verzichten Sie auf Gift und gestalten Sie Ihren Garten lieber naturnah, das fördert die Artenvielfalt und damit Fressfeinde von Gärtnerschrecken wie Blattlaus, Schnecke und Engerling.

Dieser umweltfreundliche Rat steht nicht nur im Zier-, sondern auch im Nutzgarten-Buch. Löblich in Zeiten des Artensterbens! Auch der Gemüse- und Obst-Ratgeber verfügt über praktische Klappeninnenseiten, die die wichtigsten Anbauschritte im Saisonverlauf zusammenfassen. Außerdem ist hier die große optische Stärke dieses Buchs zu sehen: betörend schöne Illustrationen, die so lebensecht wirken, dass man die gezeichneten Kräuter und Beeren gleich vernaschen möchte.

Dieser Ratgeber überzeugt zudem inhaltlich dadurch, dass er auf der Höhe der Zeit steht. Stichwort Klimawandel: Dieser eröffne neue Anbaumöglichkeiten, heißt es, man denke etwa an Ingwer, Granatapfel und die Passionsblumen-Frucht Maracuja. Auch neue Trends werden aufgegriffen. So gibt es neben vielen weiteren Pflanzenporträts etwa eines über Asia-Salate, die hierzulande allmählich Verbreitung finden.

So weit, so gut. Leider haben beide Bücher aber auch eklatante Mängel, vor allem bei der Bebilderung. Im Blumen-Titel sind eine ganze Reihe von Fotos falsch beschriftet. Ein Beispiel: Auf Seite 219 ist anders als angegeben kein Vorfrühlings-Alpenveilchen zu sehen, sondern ein Sibirischer Blaustern – ein blaues Wunder der verzichtbaren Art. Im Nutzgarten-Buch klaffen Text und Bild mehrfach auseinander, wenn dazu geraten wird, Pflanzen nicht auf Blatt und Frucht zu gießen, aber ebendies zu sehen ist (Seiten 13 und 94).

Auch der Inhalt schwächelt bisweilen: So heißt es, Quitten seien roh ungenießbar. Dabei gibt es längst Süßquitten, die man einfach mit Schale essen kann. Das Blumen-Buch hat ebenfalls fachliche Untiefen: Unter den “schönsten Wildblumen” wird die Sorte einer heimischen Glockenblumen-Art gezeigt – solche Zuchtformen sind aber eben keine Wildblumen. Dazu erklärt der bayerische Naturschutzbund LBV auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), Zuchtformen seien ökologisch oft weniger wertvoll als Wildformen: “Für gezielt insektenfreundliche Pflanzungen bleibt die Wildform meist die beste Wahl.”

Unterm Strich sind die Ratgeber also hilfreiche Nachschlagewerke und im Fall des Nutzgarten-Titels auch ein echter Augenschmaus. Leider fehlen – anders als in solchen Ratgebern oft üblich – Kontaktdaten etwa zu Spezialgärtnereien. Und die gehäuften Fehler sind ein Ärgernis. Fazit: lieber die zweite Auflage abwarten.