Neue Ferrero-Halle: Umweltgruppe fürchtet Gefahr fürs Trinkwasser
Nach einer Baugenehmigung für den Süßwarenhersteller Ferrero in Stadtallendorf befürchtet die „Arbeitsgemeinschaft Danni lebt“ der Umweltgruppe „Parents für Future“ eine Gefährdung des Trinkwassers. Die Baumaßnahmen fänden in einer für den Trinkwasserschutz wichtigen Wasserschutzzone statt, erklärte die Umweltgruppe in Köln in einer Pressemitteilung. Bei dem Gebiet handele es um einen Altlastenstandort, an dem während des Zweiten Weltkrieges 100.000 Tonnen des hochgiftigen Sprengstoffs TNT produziert wurden. Das Regierungspräsidium Gießen hatte Ende August den Bau der neuen Ferrero-Produktionshalle genehmigt.
Trotz der Belastungen des Bodens sei Ferrero nicht verpflichtet worden, das Gelände – oder wenigstens einen Teil davon – vor der Baumaßnahme zu sanieren, kritisierte die „AG Danni lebt“ der „Parents for Future“. Gravierend sei vor allem die Abschaltung eines Abschöpfbrunnens, der dafür sorge, dass Schadstoffe aus dem Wasser gefiltert werden, teilte die Umweltgruppe dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage mit. „Denn das bedeutet, dass die Schadstoffe, die sonst direkt vor Ort abgepumpt werden, ins Grundwasser gelangen.“
Das Regierungspräsidium Gießen erklärte auf epd-Anfrage, dass der betreffende Brunnen Teil eines Netzwerks von Abschöpfbrunnen auf dem Gelände sei. Dieses solle verhindern, dass Schadstoffe in die als Trinkwasser genutzten tieferen Schichten des Grundwassers gelangten. Der Brunnen fördere „auch heute noch erhebliche Schadstofffrachten, sodass ein Weiterbetrieb unbedingt erforderlich ist“. Er werde deshalb nicht dauerhaft außer Betrieb genommen, sondern lediglich für Umbaumaßnahmen für eine beschränkte Zeit, „im Bereich von Wochen bis wenigen Monaten“. Aufgrund der langsamen Fließzeiten des Grundwassers könnten Schadstoffe auch nach einer Unterbrechungszeit des Brunnenbetriebs von bis zu 100 Tagen noch abgeschöpft werden.
Das Ferrero-Werk befindet sich auf dem Gelände einer der größten Sprengstofffabriken des Dritten Reiches, der Dynamit AG Nobel (DAG). 1944 wurde dort – unter Einsatz von Tausenden Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen – ein Viertel der gesamten deutschen Produktion des Sprengstoffs TNT hergestellt.
Das Land Hessen habe in der Vergangenheit zahlreiche Altlastenuntersuchungen und Sanierungen im Stadtallendorfer DAG-Gebiet veranlasst, wobei auch der Boden auf den Ferrero-Flurstücken grobmaschig untersucht wurde, erklärte das Regierungspräsidium. Die meisten Untersuchungen zu sprengstofftypischen Verbindungen hätten Messwerte unterhalb der Nachweisgrenze ergeben. Aus diesen Messergebnissen könne für das Baufeld der neuen Halle keine Erfordernis einer Sanierung abgeleitet werden.
Die „AG Danni lebt“ hat sich nach eigenen Angaben im Zuge des Konflikts um den Weiterbau der Autobahn 49 zwischen Kassel und Gießen gegründet. Ihre Mitglieder seien bundesweit verstreut, erklärte die Gruppe.
Die Gruppe teilte außerdem mit, dass ein Umweltverband mit Unterstützung der „Parents for Future“ vor dem Verwaltungsgericht Gießen Klage gegen das Land Hessen erhoben habe. Dabei gehe es um die Durchsetzung bodenschutz- und wasserrechtlicher Bestimmungen im Trassenbereich der A49.