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Netzwerker und Kultfigur – Neue Schau “Schiller!” in Marbach

Eine neue Schau im Schiller-Nationalmuseum widmet sich von Donnerstag an dem Weltbürger Schiller. Sie zeigt Verbindungen zu anderen Dichtern und bietet auch Skurriles: Nägel von seinem Wohnhaus in Weimar.

Strahlend weiß thront es schlossähnlich über dem mittleren Neckartal, unterhalb des Schillerdenkmals, zwischen dem Literaturmuseum der Moderne und den Gebäuden des Deutschen Literaturarchivs: Nun präsentiert das Schiller-Nationalmuseum in Marbach mit “Schiller!” nach 16 Jahren wieder eine Dauerausstellung. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) will am Donnerstag die rund 400 Exponate starke Schau eröffnen.

Damit endet eine lange Schließzeit: Seit Ende 2021 gab es dort keine Dauerausstellung mehr, da das 1903 erbaute Haus renoviert werden musste, so Museumsleiterin und Mitkuratorin Vera Hildenbrand. Sie weiß: Eine Ausstellung in historischem Ambiente zu errichten, ist nicht einfach. So waren wegen Denkmalschutzes keine Bohrlöcher erlaubt. Die Wände wurden mit Jugendstil-Leimfarben gestrichen. Am Boden kann man erkennen, ob man sich im mit rotem Linoleum ausgelegten Alt- oder im in Grün gestalteten Anbau befindet.

In dem Prachtbau auf der Schillerhöhe sind nun in neun Räumen Manuskripte, Briefe und Bücher sowie Bilder und Skulpturen in Tisch- oder Hängevitrinen ausgestellt. Sie zeigen den als “Dichter der Freiheit” bekannten Mann in allen Lebenssituationen – vom Schüler und Studenten über den Dramatiker und Wissenschaftler bis hin zum Netzwerker und zur Kultfigur, erklärt die Germanistin. Neben Philosophischem wird auch auf den ersten Blick Profanes wie Schillers finanzielle Verhältnisse beleuchtet.

Während sich ein Raum den “Räubern” und Schillers Anfängen im Schwäbischen widmet, bereitet der zweite dem Dramatiker Schiller eine Bühne. Exponate wie Entwurfshandschriften illustrieren die verschiedenen Stadien seines Werkes wie auch Schillers Arbeitsweise – vom Planen bis zum Publizieren. Überhaupt habe Schiller immer für zwei Publikumsgruppen geschrieben, erzählt Hildenbrandt: für Theaterbesucher und für Leser.

Schillers “Räuber” wie auch die “Ode an die Freude” verhalfen ihm auch jenseits des Rheins zu Ruhm. Für seine Auffassung von Menschlichkeit und Gerechtigkeit wurde ihm 1792 die französische Ehrenstaatsbürgerschaft verliehen – wie auch dem damaligen und ersten US-Präsidenten George Washington, berichtet Mitkurator Helmuth Mojem. Die vom Revolutionär Georges Danton unterzeichnete Urkunde, die Schiller erst fünf Jahre nach der Verleihung erhielt, ist in der Ausstellung zu sehen. Am Donnerstag kommt daher nicht nur Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) nach Marbach, auch der französische Botschafter François Delattre macht dem berühmten “Bürger von Frankreich” seine Aufwartung.

Während sich ein Raum den Wissenschaften und damit Schillers Professionen als Mediziner und Historiker verschrieben hat, stehen in einem anderen die von ihm laut Hildenbrandt ungeliebten Reisen – die tatsächlichen inklusive der Flucht aus Stuttgart wie auch die imaginierten “Schreibtischreisen” des Württemberger Weltenbürgers. Besonderen Fokus auf die Wechselwirkungen mit, von und zu anderen Dichtern aus dem 18. und 19. Jahrhundert legt das Kapitel “Die Kraft der Sprache”, wovon “Hölderlins Hymnen” und “Uhlands Lieder” zeugen.

Überhaupt waren Netzwerke für Schiller wie auch für andere im Literaturbetrieb wichtig. Hildenbrandt: “Er hat nicht nur Hölderlin gefördert.” Sondern sich auch mit Johann Wolfgang von Goethe ausgetauscht und mit ihm zusammenarbeitet, zum Beispiel bei der Zeitschrift “Die Horen” und beim Balladenalmanach 1798 – verlegt durch Schillers Mäzen Johann Friedrich Cotta.

Dafür, dass aus dem Schreiber aus der schwäbischen Provinz ein Dichter von Weltrang wurde, sorgte Schiller selbst. Überhaupt war er stets pragmatisch und clever, sagt Hildenbrandt: “Zu Schiller gehört nicht nur Schreiben, sondern auch Rechnen.” Die ikonisch gewordene Schiller-Marmorbüste gab der Dichter eigenhändig bei Johann Heinrich Dannecker in Auftrag. Er bestimmte sein Bild und wurde zur Kultfigur. Und die wirkt weiter – auf den Bühnen, wo seine Stücke noch immer zu den meistgespielten zählen. Und in Skurrilem wie Nägeln vom Dach seines Hauses in Weimar.