Naturschützer: Ostsee trotz Helsinki-Kommission in schlechtem Zustand

Das 50-jährige Jubiläum der Helsinki-Kommission zum Schutz der Meeresumwelt des Ostseeraums (Helcom) stellt nach Ansicht der Naturschutzverbände BUND und Nabu nur bedingt einen Grund zum Feiern dar. Positiv zu bewerten sei, dass sich die Ostseeanrainer gemeinsam für die Ostsee verantwortlich fühlten, negativ dagegen, dass das Ökosystem Ostsee in keinem guten Zustand sei, teilten BUND und Nabu am Mittwoch mit. Das Jubiläum wurde an dem Tag in Riga gefeiert.

Als Grund für den schlechten Zustand der Ostsee nannte BUND-Ostseeexpertin Bettina Taylor „menschliche Aktivitäten wie z.B. Fischerei, jahrzehntelange Nähr- und Schadstoffeinträge aus Landwirtschaft und Industrie sowie die Folgen des Klimawandels“. Meeresschutzgebiete, die echte Rückzugsräume für Meerestiere und deren Lebensräume darstellen, gebe es auch in der Ostsee noch viel zu selten.

BUND und Nabu engagieren sich gemeinsam über das Netzwerk Coalition Clean Baltic (CCB) für den Ostseeschutz. Neben wirksamen und streng geschützten Meeresschutzgebieten brauche es vor allem Maßnahmen zur Regulierung der Stellnetzfischerei und zur Reduktion der Nährstoffbelastung aus der Landwirtschaft, forderten sie.

Bei der Helcom-Ministerkonferenz 2021 in Lübeck hatten die Vertragsstaaten den Angaben zufolge einen neuen Ostseeaktionsplan mit knapp 200 Maßnahmen zur Rettung des Meeres beschlossen. Drei Jahre danach seien jedoch erst wenige Maßnahmen umgesetzt worden, hieß es. Deutschland und insbesondere die Küstenbundesländer müssten dazu aktiv werden.

Schleswig-Holstein gehe mit der Ankündigung eines „Aktionsplans Ostseeschutz 2030“ einen wichtigen Schritt, das Land wolle 12,5 Prozent seiner Küstengewässer streng schützen, erklärten die Naturschützer. Laut EU-Kommission müssten hier alle Aktivitäten ausgeschlossen werden, die der Meeresnatur schaden und den Schutzgebietszielen zuwiderlaufen, hieß es. Das bedeute: keine Fischerei, kein Rohstoffabbau, streng regulierte Schifffahrt sowie keine erheblichen direkten Störungen. An diesen Zielen müssten sich Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und die Bundesregierung messen lassen.

Die Chance auf einen Nationalpark Ostsee habe Schleswig-Holstein dagegen ungenutzt verstreichen lassen, hieß es. „Umso wichtiger ist es jetzt, den kürzlich vorgestellten Aktionsplan möglichst zielstrebig und ohne weitere Kompromisse umzusetzen!“, forderte Stefanie Sudhaus, Meeresschutzreferentin des BUND in Schleswig-Holstein.

Dagmar Struß von der Nabu-Landesstelle Ostseeschutz SH erklärte: „Für wichtige Arten und Lebensräume sind die Kipp-Punkte längst erreicht, teilweise sogar überschritten.“ Die Helcom-Partner müssten „jetzt liefern“. Ineffiziente Vereinbarungen auf freiwilliger Basis müssten „schnellstens Verbindlichkeit erlangen“, forderte Struß.

Corinna Cwielag vom BUND in Mecklenburg-Vorpommern kritisierte die Schweriner Landespolitik: Diese treibe die Industrialisierung der Ostsee voran, obwohl gerade die Küstenmeere von MV von großer ökologischer Bedeutung für die gesamte südliche Ostsee seien. Die natürlichen Funktionen der Küstengewässer dürften nicht immer weiter durch Verbauung eingeschränkt werden. Cwielag forderte: „Schutzgebiete im Meer müssen endlich auch als solche akzeptiert werden, sonst wird Helcom unglaubwürdig.“