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Namibia: Menschenrechtler kritisieren Tourismus auf früherem KZ-Areal

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüßt die Ankündigung des Namibia Wildlife Resorts (NWR), sich schrittweise von allen touristischen Aktivitäten auf Shark Island in der namibischen Hafenstadt Lüderitz zurückzuziehen. Das Areal sei ein Gedenkort, der an den Tod tausender Herero und Nama erinnere, betonte die GfbV am Freitag in Göttingen. Von 1905 bis 1907 befand sich auf der Halbinsel im äußersten Südwesten Namibias ein Konzentrationslager der deutschen Kolonialmacht, in dem tausende Angehörige beider Völker interniert, gefoltert und ermordet wurden. Heute befindet sich dort unter anderem ein Campingplatz.

„Die Entscheidung erfolgt spät und erst nach anhaltendem öffentlichem und zivilgesellschaftlichem Druck“, sagte Laura Mahler, GfbV-Referentin für Subsahara-Afrika. Über Jahre hätten betroffene Gemeinschaften, Aktivisten und Historiker auf die Unvereinbarkeit einer touristischen Nutzung mit der brutalen Geschichte des Ortes hingewiesen. „Die Forderungen nach einem respektvollen Umgang mit Shark Island wurden jedoch viel zu lange ignoriert.“

Auf der Haifischinsel lägen noch immer die Gebeine von Ermordeten, erläuterte Mahler. Sie hätten für ihre Nachfahren eine tiefe spirituelle und kulturelle Bedeutung. Vertreter traditioneller Autoritäten und Nachkommen der Opfer hätten wiederholt betont, dass Shark Island nicht ein Ort der Erholung, sondern des Gedenkens sein müsse. Trotzdem habe NWR das Gelände jahrelang als Campingplatz und Tourismusziel vermarktet.

Die Organisation NWR ist den Angaben zufolge ein staatliches Tourismusunternehmen, das rund 30 Lodges, Camps und Resorts in namibischen Nationalparks betreibt. Die Verantwortung für Shark Island soll künftig beim Namibia Heritage Council (NHC) liegen, der die historische Stätte verwalten und neu gestalten soll.

Zwischen 1904 und 1908 wurden in Namibia etwa 80 Prozent des Herero-Volkes und die Hälfte der Nama von deutschen Streitkräften ausgelöscht. Dieser Vernichtungskrieg gilt als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts. Schätzungen gehen von 100.000 Opfern aus. Deutschland hatte Namibia von 1884 bis 1915 in Besitz genommen.