Nahostkonflikt braucht eine politische Lösung

Der Konflikt im Nahen Osten ist ein politischer, kein religiöser Konflikt. Diese Ansicht vertritt Pfarrer Stephen Lakkis von der Christusgemeinde in Pforzheim. Die Idee eines religiösen Krieges zwischen Muslimen und Juden sei weitverbreitet. „Das ist eine gefährliche Idee“, sagte der Theologe im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Nicht alle Menschen in Palästina seien Muslime, es gebe in Palästina viele christliche Gemeinden. Auch in Israel lebten nicht nur Juden, so der 50-Jährige. Die Beschreibung als religiöser Krieg sei eine Vereinfachung des Konfliktes und diene als Ausrede dafür, keine Lösung für den Konflikt finden zu können. Eine Anerkennung als politischer Konflikt erlaube es jedoch, politische Lösungen zu erwarten.

Christen in aller Welt kommt nach Einschätzung des Beauftragten der Evangelischen Landeskirche in Baden für „Kirche und Ökumene weltweit“ eine wichtige Rolle bei der Friedensarbeit zu. Christliche Gemeinden könnten beispielsweise helfen, eine pluralistische Gesellschaft aufzubauen. Das zeigten Erfahrungen aus seiner fast 14 Jahre langen Tätigkeit in Taiwan, sagte Lakkis.

„Taiwan war ein sehr beeindruckender Ort“, sagte er. Das Volk sei offen für Verbesserungen und gewillt, andere daran mitwirken zu lassen. Diese Begeisterung für Veränderung gebe es in Deutschland so nicht. „Sie haben die Probleme akzeptiert und glauben nicht, sie ändern zu können. Oder sie erkennen den Handlungsbedarf nicht“, sagte der Pfarrer.

Das Potenzial, das etwa eine multikulturelle Stadt wie Pforzheim habe, werde unterschätzt. In Pforzheim leben 136 Nationalitäten. Mit 59,1 Prozent hat die Stadt den höchsten Ausländeranteil Baden-Württembergs. „Woanders war es immer ein Vorteil, wenn es eine multikulturelle Gesellschaft gab. Hier tun sich die Leute schwer damit“, stellt der in Australien aufgewachsene Theologe fest.

Seit Mitte Oktober 2023 ist Stephen Lakkis offiziell Pfarrer in der Christusgemeinde in Pforzheim. Seine Familie stammt aus dem Libanon. Viele Jahre war Lakkis in Taiwan in der Friedensarbeit tätig. 2020 wechselte er in die Badische Landeskirche.

Die Rolle christlicher Theologie sehe er in der Schnittstelle zwischen Glauben und Welt, sagte Lakkis. Die Frage sei, wie der Glaube helfen könne, soziale und politische Fragen zu beantworten. „Für mich ist klar: Im christlichen Glauben geht es um Veränderung“, betont er.

Sich für einen gerechten Frieden einzusetzen, sei Teil der Identität von Christinnen und Christen. Gemeinsam hätten sie eine starke Stimme. „Wenn wir an den Wert des Lebens, jedes einzelnen Lebens glauben, dann müssen wir als Christen dafür kämpfen, dass die Menschenrechte, die Würde des Lebens geschützt werden“, ist Lakkis überzeugt. (0100/16.01.2024)