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Närrische Aktion für die Umwelt – ein Oktopus als Müll-Entsorger

Flaschen fangen statt Bonbons werfen: Ein Oktopus-Wagen beim Rosenmontagszug wirbt unter Mainzer Karnevalisten für Umweltschutz. Carneval-Verein, Stadt und Hochschule wollen mehr Nachhaltigkeit.

Eine Premiere am Rosenmontag in Mainz: Ein als Oktopus gestalteter Fastnachtswagen der Mainzer Hochschule wird als fahrende Leergut-Station für Umweltschutz werben. Das Meerestier steht vor dem Hintergrund der sogenannten Plastik-Inseln auf den Ozeanen symbolisch für die bedrohte Natur und soll mit seinen langen Tentakeln für Aufmerksamkeit sorgen. “Unser Wagen ist weiter hinten platziert, so dass dann viele Besucher ihre mitgebrachten Getränke schon geleert haben dürften”, berichtet Bernhard Ostheimer. Er ist Professor für Wirtschaftsinformatik im Fachbereich Wirtschaft und betreut das Projekt. Eine längere Planungszeit hat es nicht gegeben, erst während des laufenden Studiensemesters fiel die Entscheidung für den Oktopus.

Über große LED-Bildschirme an den Seiten des Wagens wird beim Umzug am Rosenmontag die aktuelle Anzahl der aufgefangenen Flaschen angezeigt. Viele würden sonst wohl einfach im Müll landen. Mit Keschern werden die Flaschen eingefangen – von Studierenden, die in Kostümen aus Verpackungsresten und anderen Wertstoffen stecken werden, wie Vivien Hübschen, Alisa Schweizer oder Paula Ewald.

Ihre doppelschichtigen Verkleidungen aus durchsichtiger Verpackungsfolie sollen zeigen, dass eine Wiederverwertung richtig Spaß machen kann. “Wir verwenden alte Materialien auch, um diese Kleidung zu gestalten”, erklärt Paula Ewald. Die Studentin für Kommunikationsdesign zeigt auf gelbe Plastikhandschuhe, die als Verzierung zwischen die zwei Folienschichten der Hosen und Oberteile gepresst werden.

Die einzigartigen Kleidungsstücke sehen nicht nur außergewöhnlich aus, sondern haben auch einen praktischen Vorteil: “Falls es regnet, bleiben wir trocken”, sagt Innenarchitektur-Studentin Vivien Hübschen bei einem Besuch in der Werkstatt. Unter dem Motto “Meerwert – Helau” beteiligen sich insgesamt 22 Studierende der drei Fachbereiche Wirtschaft, Gestaltung und Technik der Hochschule am Projekt.

Abgasfrei wird der Wagen allein durch Muskelkraft mithilfe eines 13-sitzigen Fahrrads durch die Mainzer Straßen bewegt. Die komplette Konstruktion besteht zum Großteil aus entsorgten Materialien und der Oktopus aus Verpackungsresten der Industrie. Der Erlös der beim Umzug eingesammelten Pfandflaschen wird an Umweltschützer gespendet, die sich gegen Müll in den Ozeanen, Flüssen oder Seen starkmachen.

“Die Idee zum Oktopus entstand zu Semesterbeginn und ergab sich aus zwei eingereichten Vorschlägen der Studierenden”, erzählt Professor Ostheimer. “Nachhaltigkeit ist den jungen Menschen enorm wichtig.” Alle studentischen Projektbeteiligten erhalten Leistungsnachweise für interdisziplinäre Lehrprojekte im Wintersemester. Dass es närrisch wird, ist keine Überraschung: 2024 beteiligte sich die Hochschule zum ersten Mal am Rosenmontagszug in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt.

Diese bemüht sich um einen nachhaltigeren Rosenmontagszug mit weniger Müll. Zu Beginn der närrischen Zeit hat die Stadt im November mit dem Mainzer Carneval-Verein eine entsprechende Vereinbarung getroffen – persönlich unterzeichnet von Oberbürgermeister Nico Haase (parteilos) und Vereinspräsident Hannsgeorg Schönig. Es gelte Qualität vor Quantität, heißt es darin etwa zum Thema Wurfmaterialien.

Generell sollen beim Umzug “weniger Schleuderwaren” eingesetzt werden. “An Stellen, an denen offensichtlich ist, dass die Zuschauer damit nichts anfangen, soll weniger geworfen werden, in Bereichen, in denen sich viele Familien mit Kindern aufhalten, mehr”, lautet ein Ziel. Die Studierenden des Oktopus-Wagens werden sogar ganz auf das Werfen von Süßem oder Saurem verzichten.

Der Erfolg der Mainzer Umweltschutzmaßnahmen soll nach der Karnevalszeit kritisch überprüft werden. Im Anschluss der Kampagne erfolgt eine Bestandsaufnahme mit dem Nachhaltigkeitsmanagement der Landeshauptstadt – das haben Verwaltung und Carneval-Verein miteinander vereinbart.