Nähe zwischen dem Juden Jesus und dem „Christus“
UK 23/2017, Kirchentag/jüdisch-christlicher Dialog (Seite 2: „Was bedeutet es, wenn Jesus Jude war?“)
Ich stimme zu: Es ist nicht leicht, das „Christliche“ an Jesus zu erklären, ohne „in antijüdische Stereotype zu verfallen“. Weil jedoch „Christologie die Lehre von Jesus dem Christus ist“ (Helmut Hoping, 2014), hat man ja bereits im Titel „Christus“ den Hinweis darauf, „dass der Gott Jesu kein anderer ist als der Heilige Israels“ (ebd.).
Geht man diesem Israel-Bezug Jesu nach, findet sich bereits bei Martin Luther die Empfehlung, vom Alten Testament auszugehen: „Was ist das Neue Testament anders als eine öffentliche Predigt und Verkündigung der Sprüche, im Alten Testament gegeben und durch Christus erfüllt?“ (Vorrede zum Alten Testament, 1523).
Infolge der Entwicklung von Bibelkritik und Bibelexegese seit Reimarus (Hauptwerk 1778) und bis zu Bultmann (gestorben 1976) muss man sich von Luthers Verkoppelung – implizit Verheißung, explizit Erfüllung – lösen. Vielmehr gilt es, sich in methodischer Grundüberzeugung zeitgenössischer Christologie auf die Eigenart und Geschichte der Person Jesu einzulassen (Pannenberg 1991). Dabei ist es hilfreich, zunächst von der Funktion der Person – „Rettung“, „Heil“ – abzusehen. Solch doppelte Bewegung könnte die Affinität zwischen Jesus, dem Juden, und Jesus, dem „Christus Gottes“, relativ spannungsfrei erkennen lassen.
Dr. theol. Dieter Burkert, Dortmund