Nachgemalt im Mini-Format

Früher füllte es die Wand der Kirche von Viperrow an der Mecklenburgischen Seenplatte aus: ein 25 Quadratmer großes Gemälde. Jetzt hat es der Maler Detlef Glöde im kleinen Format rekonstruiert – mit viel Aufwand.

Historienmaler Detlef Glöde zeigt sein Werk
Historienmaler Detlef Glöde zeigt sein WerkHans-Joachim Kohl

Rechlin/Vipperow. Nun hat man wieder eine Vorstellung, wie das Weltengericht-Gemälde einmal ausgesehen hat – auch wenn es jetzt viel kleiner ist. Das fast bis zur Unkenntlichkeit verschwundene 25 Quadratmeter große Gemälde an der Wand in der Kirche in Vipperow wurde vom Historien­maler Detlef Glöde im Kleinformat rekonstruiert.

Nach der restauratorischen Bestandsaufnahme hatte der Denkmalschutz gefordert, die Bildfragmente des Weltengerichtes zu sichern. Eine Auffrischung oder sogar eine vollständige Wiederherstellung des Gemäldes ließ die Behörde nicht zu. So kam der Förderkreis Vipperow „Kirche im Dorf e.V.“ auf die Idee, ein kleines Gemälde in Auftrag zu geben, damit Besucher erkennen können, wie das Bild vom Ende des 15. Jahrhunderts einst höchstwahrscheinlich ausgesehen hat.

Manches nur erahnt

Etwa vier Monate hat Glöde gebraucht, um die Reste des Gemäldes zu analysieren, den Bildaufbau zu rekonstruieren und die Farben von damals zu erkennen. Eine absolute Kleinarbeit. „Denn 80 Prozent sind zerstört, da kann man manches nur erahnen“, erklärt er. In der linken, oberen Hälfte des Bildes war einst ein Mauerdurchbruch für ein Ofenrohr. Sicher unbeabsichtigt, weil das Gemälde lange nicht zu sehen war.

Viel Arbeit: In diesem Heft hat der Maler Detlef Glöde die Farben sortiert
Viel Arbeit: In diesem Heft hat der Maler Detlef Glöde die Farben sortiertHans-Joachim Kohl

Mit professionellen Fotos und Zeichnungen der noch vorhandenen Strukturen tastete sich der Maler Detlef Glöde aus Blumenthal bei Wittstock an den ehemaligen Bildaufbau heran. Der konnte mit einem Vergleich zeitgenössischer Darstellungen bestätigt und ergänzt werden. Um die Farben des ehemaligen Bildes herauszufinden, sind Farbreste in einem Labor auf ihren Mineralgehalt getestet worden. Der organische Teil der damals aufgebrachten Farben war unwiederbringlich verloren. Anhand von Mineral- und Farbtabellen konnten die Farben und ihre Positionierung im Bild wieder gewonnen werden.

Wie die Regenbögen geholfen haben

Besondere Hilfe boten die beiden Regenbögen: „Die Regenbögen vor 500 Jahren sahen ja nicht anders aus als heute“, sagt Glöde: „Vermutlich von wandernden Kunstmalern aus Norditalien wurde diese hochprofessionelle Arbeit an die Nordwand der Kirche in Vipperow gemalt.“ Warum das geschah, liegt im Dunkeln. „Die Kosten müssen immens gewesen sein“, erklärt er. „Heute wären das mehrere Millionen Euro. Allein die Farben sind höchst kostbar und kamen unter anderem aus China, Afghanistan und Spanien.“

Aus den bräunlichen, schwarzen und grauen Farbflächen zauberte Glöde  ein farbenfrohes 1,2 Quadratmeter großes Bild – fast 25mal so klein wie das Original. Es soll als Druck später neben dem Wandgemälde hängen samt einer Erklärung. Zu sehen ist in der Mitte Jesus als Weltenrichter sitzend auf Wolken. Die Füße stützt er auf die Weltenkugel und einen Regenbogen. Der zweite Regenbogen führt hinter seinem Rücken durch. Rechts und links von ihm stehen die zwölf Jünger. Neben seinem Kopf sind ein waagerecht angeordnetes Schwert und eine Lilie. Das Schwert ist das Symbol für das Gericht, die Lilie für die Reinheit.

Seltene Darstellung

Auf der rechten, unteren Bildseite ist die Hölle dargestellt mit dem Teufel oder Satan davor, der versucht, Menschen in die Hölle zu ziehen. Auf der linken Bildseite steht Petrus mit dem Schlüssel vor dem himmlischen Jerusalem. Davor eine Menschenmenge, die dem Himmel zustrebt. In der Mitte zielen die Erzengel Zadkiel und Michael mit einer Lanze auf den Teufel oder Satan. Das ist eine seltene Darstellung des Erzengels Michael im ausgehenden 15. Jahrhundert, denn er wird damals meist als Seelenwäger mit einer Waage dargestellt.

Nach der Präsentation seiner Rekonstruktion und seinen faszinierenden Erzählungen erhielt Detlef Glöde langanhaltenden Applaus von den fast 50 Besuchern. „Damit ist nach zwölf Jahren die Arbeit für die Wiederherstellung der Kirche Vipperow abgeschlossen“, so die Vorsitzende des Fördervereins, Viktoria Schubert. Der Verein wird als Freundeskreis seine Arbeit mit Kunst- und Kulturveranstaltungen fortsetzen.