Nach Mehltau-Panne: Der Rosé hat Premiere

Das Diakoniedorf Herzogsägmühle (Landkreis Weilheim-Schongau) wartet seit jeher mit Besonderheiten auf. Unter anderem stehen dort Angus-Rinder auf der Weide, deren hochwertiges Fleisch in der Region verkauft wird. Seit 2018 betätigen sich fünf Diakonie-Mitarbeitende als Winzer – an einem der kleinsten, südlichsten und höchstgelegenen Weinberge Deutschlands mit grandiosem Blick auf die Alpenkette.

Michael Schmid vom Geschäftsbereich Menschen in besonderen Lebenslagen ist Teil des Winzer-Teams. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) erzählt er von den Fortschritten der Hobby-Winzer und erklärt, warum es den Wein nicht zu kaufen gibt.

epd: Herr Schmid, 2018 haben Sie und weitere Diakonie-Mitarbeitende einen Weinberg angelegt, für dieses Jahr haben Sie sich die erste große Weinernte vorgenommen. Hat es geklappt?

Michael Schmid: Ich habe kurz vor dem Interview extra eine kleine Probe von unserem 2023-er-Jahrgang genommen. Und ich muss sagen: Ich bin sehr angetan. Von der Menge her hätten wir mehr erwartet, es werden leider nur rund 90 Liter werden. Aber – wie so oft – hatten wir kurz vor der Ernte einen Rückschlag: Nachdem uns in den vergangenen Jahren Wespen oder Rinder einen Teil der Trauben weggefressen haben, hatten wir diesmal einen Mehltau-Befall. Wir mussten daher ganz schnell die befallenen Blätter und Trauben entfernen. Deshalb bekommen wir nicht so viel Wein wie erhofft. Aber wir haben wieder etwas Neues über Schädlingsbefall gelernt.

epd: Bisher haben Sie Rotwein gemacht, auch dieses Jahr?

Schmid: Nein, heuer nicht. Es wird wegen der Mehltau-Panne ein Rosé. Unser fachlicher Berater von Naturland, einem großen ökologischen Verband für Landbau, hat uns dazu geraten. Keine Maischegärung, sondern direkt die Maische abpressen. Daher gehen weniger Farbstoffe in den Wein über – also wird es ein Rosé.

epd: Wie wird der schmecken?

Schmid: Wir rechnen geschmacklich mit einem leichten, frischen, fruchtigen Sommerwein. Unser Top-Rotwein war übrigens der 2022er-Jahrgang. Die Jahre vorher mussten wir uns schon selbst Mut zusprechen, um eine Flasche zu öffnen. Aber: Wir sind ja immer noch blutige Anfänger, dafür umso lernwilliger und werden von Jahr zu Jahr besser.

epd: Wie kamen Sie denn überhaupt auf die Idee, mitten im Alpenvorland einen Weinberg anzulegen?

Schmid: Seit vielen Jahren pflegen wir einen Fachaustausch mit Partnereinrichtungen in Europa, unter anderem in Thessaloniki. Während der gegenseitigen Besuche war Weinbau immer wieder ein Thema und die Kollegen haben uns ermutigt, einen Versuch zu starten. Da hat uns der Ehrgeiz gepackt. Wir haben jetzt 120 Reben auf 20 mal 20 Meter. Also ein wirklich überschaubarer Weinberg.

epd: Ein Weinberg mit Alpenpanorama, das hat zumindest in Deutschland Seltenheitswert…

Schmid: Der Ausblick von unserem Weinberg ist mehr als grandios. Wir sind natürlich nicht das klassische Weinbaugebiet wie Unterfranken. Wir liegen ja mehr als 700 Meter über dem Meeresspiegel, das ist schon eine Herausforderung. Unser Berater hat uns daher eine widerstandsfähige Rebe empfohlen: Cabaret Noir. Mit der üben wir jetzt.

epd: Sie bekommen also viele fachliche Tipps von Profi-Winzern?

Schmid: Natürlich, ohne fachliche Beratung wären wir ziemlich hilflos. Wenn wir an unseren Naturland-Berater eine verzweifelte SMS und ein paar Mehltau-Fotos schicken, kommen noch am selben Tag Tipps für uns oder wir machen schnell eine Video-Konferenz. Da sind wir sehr dankbar.

Wir würden uns übrigens auch freuen, wenn uns weitere Winzer vom Fach helfen oder wir mal ein Weingut besuchen könnten, um uns ein paar Anregungen zu holen. Für uns ist das ja ein reines Hobby. Mal Profis über die Schulter zu schauen, wäre schon toll.

epd: Für dieses Jahr erwarten Sie 90 Liter Rosé-Wein. Wo bekommt man denn eine Flasche her?

Schmid: Im Supermarkt jedenfalls nicht. Wir sind so klein, dass wir kein lizenzierter Weinbaubetrieb sind. Von daher wird der Wein auch nicht verkauft, sondern wir geben ihn bei Jubiläen oder Festen hier in Herzogsägmühle aus. (01/3631/07.11.2023)