Musikalische Ausflüge

Bald ist es soweit: Anfang Mai feiert Rostock sein Bachfest. Nach drei Jahren Vorbereitung kann sich das Programm sehen lassen – Breakdance inklusive.

In der Nikolaikirche der Rostocker Motettenchor und der Figuralchor der St.-Johannis-Kirche
In der Nikolaikirche der Rostocker Motettenchor und der Figuralchor der St.-Johannis-KircheArnd Löber

Rostock. Das Jahr 2019 steht ganz im Zeichen des Doppeljubiläums „800 Jahre Hansestadt Rostock“ und „600 Jahre Universität Rostock“. Als ein besonderer Höhepunkt der Feierlichkeiten wird das Bachfest der Neuen Bachgesellschaft unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig in Rostock stattfinden, sagt der künstlerische Leiter Markus Johannes Langer. Er habe alle Kulturinstitutionen der Stadt an einen Tisch bekommen, alle zögen in Sachen Bachfest vom 10. bis 19. Mai an einem Strang: Kunsthalle, Hochschule für Musik und Theater, Volkstheater, Weltmusikschule Carl Orff, Konservatorium, Universität, Kirchengemeinden, sogar in einer Werfthalle sei ein Konzert geplant. „Das ist doch großartig, wenn alle zusammen was auf die Beine stellen“, freut sich Langer, der seit 2000 als Kantor in der Johannisgemeinde und Hochschulprofessor tätig ist.
Um so ein Großereignis stemmen zu können, wurde der Bachverein im November 2017 gegründet. Erster Vorsitzender ist Birger Birkholz, lange Jahre kaufmännischer Direktor des Südstadtklinikums und ausgewiesener Stratege und Zahlenkenner. „Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft“, sagt Langer dankbar. Rund 20 000 Gäste besuchten in der Vergangenheit die Bachfeste, so viele werden auch in Rostock erwartet. Unter anderem hätten sich schon mehrere Gruppen aus Frankreich angemeldet.

Historische Konzerte

Das erste Bachfest fand 1901 in Leipzig statt. Sein „Erfinder“ war einer, der von 1877 bis 1887 in Rostock gewirkt hatte: der Dirigent und Musikwissenschaftler Hermann Kretzschmar (1848-1924). Als akademischer und städtischer Musikdirektor führte er in Rostock eine Musikreihe neuen Typs ein, die „musikgeschichtlich“ angelegt war, wie Langer sagt.
In sogenannten Historischen Konzerten sollten dem Publikum ab der Konzertsaison 1881/82 wenig bekannte Werke durch die Verflechtung von Konzert und Kommentierung nahegebracht werden, wie es zum Beispiel schon Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig und Fetis in Paris praktiziert hatten und wie es heute noch vorkommt, etwa bei den moderierten Sinfoniekonzerten in Schwerin. Damit habe Kretzschmar den Grundstein für das von ihm entwickelte Konzept gelegt, das seit Beginn des 20. Jahrhunderts die Arbeit der neuen Bachgesellschaft prägte: die Veranstaltung regelmäßiger Bachfeste an verschiedenen Orten.
Von Hermann Kretzschmar wird in der Mitte des diesjährigen Bachfestes, am Mittwoch, 15. Mai, ab 20 Uhr in der Marienkirche das historisches Konzertprogramm des Ersten Bachfestes 1901 zu hören sein, aufgeführt vom Chor der Rostocker Mariengemeinde und den Mecklenburger Kammersolisten unter der Leitung von Marienkantor Karl-Bernhardin Kropf. Nicht nur der Marienkantor bringt sich ins Bachfest ein. Musikalische Ausflüge führen auch in die Kirchen in Bad Doberan (11. Mai, 18 Uhr) und Warnemünde (unter anderem Kantatengottesdienst am 12. Mai, 10 Uhr), ebenso auf das Gut in Hohen Luckow am 14. Mai.

Basteln mit Bach

Fast alle Kantoren der Stadt sind am Programm beteiligt. Neben Konzerten und Vorträgen gibt es ein „Bachfest für Kinder und Familien“, unter anderem mit dem Zirkus Fantasia am Kabutzenhof, 13. bis 17. Mai, jeweils ab 9 Uhr.
Studenten der „young academy Rostock“ sowie der Studiengänge Master Theaterpädagogik/Beifach Darstellendes Spiel und Lehrämter Musik gehen mit Kindern auf Spurensuche „Zu Hause bei Bachs“. Es gibt ein Vorschulkonzert am 11. Mai, 10 bis 13 Uhr, mit Schülern des Konservatoriums. Und Schüler der Welt-Musik-Schule Carl Orff laden zum Tag der offenen Tür mit einer „Bach-Expedition“ ein. Basteln mit Bach – ein Kindermusikfest findet am 16. Mai im Freizeitzentrum in der Kuphalstraße statt.
Bach war ein Kirchenmusiker – kein Bachfest daher ohne Morgen-, Mittags- und Nachtgebet, Andachten und Gottesdienste. Im Eröffnungsgottesdienst am Freitag, 10. Mai, um 15 Uhr in St. Marien predigt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm. Im Abschlussgottesdienst (19. Mai, 10 Uhr, Marienkirche) wird Alexander Röder, Hauptpastor am Hamburger Michel, predigen. Nicht nur hören, auch mitsingen kann man beim Abendliedersingen mit Rostocker Kantoren, a cappella oder begleitet von Orgel oder Klavier, am 12., 14., 16. und 18. Mai, 20 Uhr, in St. Johannis.

Berühmte Organisten dabei

Das Bachfest ist mit „Kontrapunkte“ überschrieben. Dazu gehören Bach und Breakdance mit Flying Steps und Opernregisseur Christoph Hagel mit ihrer Performance in der Stadthalle. „Dafür sind schon über 1000 Karten verkauft“, freut sich Langer. Ein besonderer Konzert-Ort ist die Werfthalle von Thamsen Maritim in Gehlsdorf, in der das Abschlusskonzert am 18. Mai, um 20 Uhr stattfindet. Zu hören sein wird neben Bach und Pärt auch eine Uraufführung von Harald Weis (geboren 1949).
Es sei für ihn als Kantor ein besonderes Erlebnis gewesen, gibt Langer zu, große Künstler nach Rostock zu holen wie den berühmten Organisten Ton Koopmann, der am 17. Mai um 18 Uhr im Katharinensaal der Hochschule für Musik und Theater mit Tini Mathot am Cembalo die Kunst der Fuge von Bach spielen wird, oder Reinhard Goebel, der einen Vortrag zu Johann Sebastian Bach und die „Methode zu spielen“ halten wird am 16. Mai um 10 Uhr in der Aula der Universität. Der Dresdner Kreuzchor kommt am 19. Mai um 17 Uhr unter der Leitung von Roderich Kreile in die Marienkirche. Berliner Barock Solisten, bestehend aus Berliner Philharmonikern, sind unter der Leitung von Reinhard Goebel zu hören. Im Abschlusskonzert wird der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck, viele Jahre Pastor in Rostock, zu Gast sein.
Info
Karten gibt es in über 20 Vorverkaufsstellen in Rostock und anderen Städten sowie an Abendkassen. Weitere Infos auf www.bachfest-rostock.de