Moderne Kunst im alten Dom
Im Schweriner Dom ist die Doppel-Kunstschau „Herzenwerkstatt“ eröffnet worden – als Beitrag des Staatlichen Museums Schwerin zum Festjahr „850 Jahre Dom zu Schwerin“.
Schwerin. Es ist leicht zu übersehen, das erste Kunstobjekt der Doppelausstellung „Herzenwerkstatt“, die bis zum 17. Oktober im Dom und bis 4. Oktober im Staatlichen Museum Schwerin läuft: Links neben dem Marktportal der Kathedrale ist in luftiger Höhe ein rot leuchtender Neonschriftzug angebracht. „Milch und Honig“ ist da spiegelverkehrt zu entziffern, wenn die Sonne nicht zu heftig auf die Dommauern scheint. Dass dieses Werk von Thorsten Goldberg an einer Kirche angebracht ist, ist kein Zufall, sagt Domprediger Volker Mischok: Der Ausdruck „Milch und Honig“ sei schließlich ein Synonym in der Bibel fürs gelobte Land.
Wer eintritt, soll hineingenommen werden in die Zwiesprache von zeitgenössischen Kunstwerken und dem 850 Jahre alten Dom. Mischok sieht in der Ausstellung nicht nur ein gelungenes Projekt für die vielen Besucher, die täglich hereinströmen. „Für uns als Gemeinde, die wir meinen, unseren Dom zu kennen, können so eingeschliffene Sichtweisen aufgebrochen werden“, hofft er. Der Dom stehe weithin für eine jahrhundertealte Tradition. Es sei aber wichtig, dass Traditionen, die leicht verkrusteten, ab und zu an- und damit hinterfragt würden.
„Eine gewisse Spiritualität“
Dabei sind die 25 Arbeiten von 23 Künstlern keine ausgesprochen religiösen Werke, erklärt Kurator Gerhard Graulich. Aber eine gewisse Spiritualität sei in ihnen zu finden. So korrespondiere das Christophorus-Fresko des Doms mit Stephan Balkenhols profanerer Bronze „Huckepack“ von 2012. Es gehe darum, des anderen Last zu tragen. Jorinde Gustavs stelle mit ihrer bestickten Schürze von 2006 „Heute gibt es Schweinebraten“ die Rolle von Frauen zur Diskussion. Gezeigt werden auch Günther Ueckers Werk „Wer wirft den ersten Stein?“ von 2001, Ernst Barlachs Bronze „Ruhe auf der Flucht“ von 1924, die Textilcollage „Karl Valentins Kinderhemd“ aus dem Jahr 1982 von Stefan Wewerka und der Siebdruck „Fluttering Hearts“, den Marcel Duchamp im Jahr 1936 schuf.
Das umfangreichste Kunstwerk, das auch der Ausstellung den Namen „Herzenwerkstatt“ gab, wurde direkt für die Schau geschaffen, erklärt Kurator Graulich: Es ist Stanislav Horvaths Installation „Bauhütte“ – eine Werkstatt mit Metallplatten, Metallherzen, Hammer, Handschuhen, Säge, Schweißgerät und Werkplatte. Horvath hatte solch eine „Bauhütte“ bereits vor Jahren für eine Münchner Kirche geschaffen, wo der Kurator sie sah. Nunhat er den Künstler nach Schwerin geholt. Dass Horvath hier eine Werkstatt nachgestaltete, in der Herzen aus Metall hergestellt werden, soll einen bewussten Gegensatz zum Dom bilden, wo sicher oft gebrochene Herzen Zuflucht gesucht hätten, erklärt der Künstler. Seine Herzen dagegen seien biegsam, aber fest.
Symbol für menschliche Zuwendung
Für Pirko Kristin Zinnow, Direktorin der Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen MV, ist das Herz zentrales Symbol für menschliche Zuwendung und ein gelingendes Miteinander – und darum zum Namensgeber der Schau geworden. Auch für Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die die Ausstellung als Schirmherrin eröffnete, ist diese eine Herzensangelegenheit. „Ich freue mich über die gelungene Kooperation von Staatlichem Museum und Dom. Tradition und Moderne, Stadt und Kirche wurden miteinander in einen fruchtbaren Dialog gebracht.“
Das sei eine schöne Würdigung „dieser beeindruckenden Kathedrale im Herzen meiner Heimatstadt“, so Schwesig, die auch Mitglied der Domgemeinde ist. Zudem finde sie es wichtig und richtig, dass das Herz als zentrales Symbol gewählt wurde. Denn das Sehen und Handeln mit dem Herzen stehe für Solidarität, gegenseitiges Verständnis und Verbundenheit. „Man sieht nur mit dem Herz gut! Das gilt gerade jetzt.“
Info
Die Öffnungszeiten sind: Dom: montags bis sonnabends 10 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags 12 bis 17 Uhr, Staatliches Museum Schwerin: dienstags bis sonntags 11 bis 18 Uhr.