Mobiler Tomograph entschlüsselt antike Keilschriften

Ein Team des Exzellenzclusters „Understanding Written Artefacts“ (UWA) der Universität Hamburg und des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) haben nach eigenen Angaben den ersten mobilen Computertomographen der Welt entwickelt. Mit seiner Hilfe können 4.000 Jahre alte versiegelte Keilschrifttafeln aus Mesopotamien gelesen werden, wie die Universität Hamburg am Mittwoch mitteilte. Der sogenannte ENCI (Extracting non-destructively cuneiform inscriptions) erschließe damit für die Altertumsforschung eine Fülle bisher unzugänglicher Quellen. Seinen ersten Einsatz habe ENCI im Pariser Louvre Museum.

Keilschrifttafeln aus dem antiken Mesopotamien in Vorderasien seien die ältesten Schriftartefakte der Welt, hieß es. Um die Informationen vor unbefugten Blicken zu schützen, wurden diese Tafeln ab dem 3. Jahrtausend v.Chr. in Umschläge aus Ton gesteckt. Einige davon wurden nie geöffnet, sie lagern bis heute mit unbekanntem Inhalt in Museen und Archiven, so die Uni. Mithilfe von Röntgenstrahlung bilde ENCI die Keilschrifttafel und ihren Umschlag in vielen einzelnen Schichten ab. Würden die Computerbilder zusammengesetzt, werde die beschriftete Oberfläche im Inneren sichtbar, hieß es.

Da kaum ein Museum seine Sammlung verschickt, wurde ein mobiles Gerät entworfen. „Tomographen mit der benötigten Strahlungsintensität sind normalerweise mehrere Tonnen schwer“, erklärt Christian Schroer vom Institut für Nanostruktur- und Festkörperphysik an der Universität Hamburg, der ENCI federführend entwickelt hat. ENCI wiege dagegen nur 400 Kilogramm. Schroer: „Die größte Herausforderung bestand darin, diese Leichtbauweise mit dem erforderlichen Strahlenschutz zu verbinden.“

Bereits vom 1. bis 9. Februar sollen mit ENCI Keilschrifttafeln im Louvre in Paris untersucht werden, hieß es. Mit rund 12.000 Tafeln verfüge das Museum über eine der wichtigsten Sammlungen von Keilschrifttafeln weltweit. Die Untersuchungen würden zunächst an zwölf ausgewählten Tafeln durchgeführt, teilte die Uni mit. Die meisten von ihnen stammen aus der antiken Stadt Ur im heutigen Irak.

„Forschende, die sich wie ich mit der Geschichte Mesopotamiens beschäftigen, hat es immer frustriert, dass es so viele Keilschrifttafeln gibt, die sich über Jahrtausende erhalten haben und die wir trotzdem nicht lesen können“, sagt eine der Projektleiterinnen Cécile Michel aus Paris. Durch persönliche Briefe könnten neue Einblicke in den Alltag und die Lebensumstände der Menschen damals gewonnen werden.