Mit Kunst zurück zum guten Ton

Was tun, wenn die Orgel ihrer Rolle in den Gottesdiensten nicht gerecht werden kann, aber das Geld für eine Neuanschaffung fehlt? Eine Gemeinde in Flensburg geht einen ungewöhnlichen Weg, der mit Kunst zu tun hat.

Pastor Thielko Stadtland
Pastor Thielko StadtlandImke Voigtländer

Flensburg. Pastor Thielko Stadtland ist wenig begeistert von der Orgel in seiner Gemeindekirche St. Johannis in Adelby: „Sie spielt, aber sie kann die Stimmung nicht halten. Sie klingt furchtbar, dringt nicht richtig durch.“ Auch die Organisten kämpfen mit der schwergängigen Spielweise. Quelle des Unmuts ist ein Kemper-Pfeifenwerk aus den 60er-Jahren – aus heutiger Sicht die Folge eines „Irrwegs des Orgelbaus“. Für Stadtland steht fest: Gerade in einer aktiv genutzten Kirche braucht es ein Instrument, „das trägt, die Menschen und den Raum erfüllt“. Musik von einer CD fällt daher als Lösung weg. Auch Live­musik passe nicht immer und sei zudem bei den rund 360 gottesdienstlichen Veranstaltungen in seiner Gemeinde kaum zu organisieren. Außerdem sei eine Orgel nicht nur „erhaltenswertes Kulturgut“, sondern in seiner Kirche auch „ein wichtiger Teil der Verkündung“.
Gemeindeversammlung und Gemeinderat zogen mit. Vor vier Jahren fiel der Beschluss zum Neubau, Kosten: rund 350.000 Euro. Von Anfang an war klar: So eine Summe ist nur mit vielen zu erreichen. Die anschließende Gründung des „Orgelbauvereins der St. Johanniskirche Adelby“ war der Startschuss für eine Finanzierungsaktion mit zahlreichen Ideen: Patenschaften für einzelne Orgelpfeifen, der Verkauf von Orgelwein, Orgel-CDs und ein Kalender mit Bildern von der Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert, in der die neue Orgel zu hören sein wird. Nicht alle Aktionen sind so gut gelaufen, wie Pastor Stadtland gehofft hatte. Das Ergebnis kann sich trotzdem sehen lassen: 90 Prozent der Summe sind bereits zusammengekommen – unter anderem durch den zusätzlichen Verkauf von Pfarrland und Spenden für das Orgel-Projekt von Privatpersonen, Stiftungen und anderen Institutionen.

Künstler hilft

Auf der Zielgeraden bis zur erforderlichen Summe ist nun ein neuer Mitstreiter dazugekommen, nämlich Uwe Appold. Der Flensburger Künstler unterstützt den Orgelneubau über eine weitere Idee: Er lässt individuelle „Kunstwerke für den guten Ton“ in Adelby entstehen. Privatpersonen, aber auch Geschäftsleute, die die Ak­tion unterstützen möchten, sammeln dabei Bilder, Briefe oder andere persönliche Erinnerungsstücke und erzählen Appold – wenn sie mögen – von deren Bedeutung und den Assoziationen, die zu den Gegenständen haben.  „Ich greife eine Spur der Vergangenheit von Gebern auf, um zu versuchen, damit Zukunft zu gestalten“, erklärt der Künstler. In seinem Atelier in Unewatt freut er sich auf Kartons oder Taschen mit ihm anvertrauten Dingen – mit Name und Telefonnummer der Auftraggeber. Der erste Kontakt läuft immer über das Pastorat.
Die ersten Arbeiten entstanden bereits Ende 2016. Darin hat Appold unter anderem Gegenstände verarbeitet, die Pastor Stadtland gesammelt hat: kleine Orgelpfeifen, ein alter Kingelbeutel, Notenblätter und Briefe. Mit Abschluss des Kirchenjahres möchte Appold die Aktion beenden. Verkauft werden die Werke für jeweils 750 Euro, 600 Euro davon kommen direkt dem Orgelneubau zugute. Zwölf der jeweils 52 mal 52 Zentimeter großen und in Holz gerahmten Kunstwerke sind im Gemeindebüro, Richard-Wagner-Straße 51, Adelby, montags, mittwochs und  freitags in der Zeit von 10 bis 12 Uhr sowie dienstags und donnerstags in der Zeit von 15 bis 16.30 Uhr zu sehen.
Mit dieser Kunstaktion, weiteren Orgelpatenschaften und weiteren Spenden könnte der Endspurt gelingen. 38 000 Euro fehlen noch. Noch in diesem Jahr soll die neue Orgel in Auftrag gegeben werden. Pastor Stadtland: „Wenn alles klappt, feiern wir Ende 2018 Einweihung.“
Weitere Infos finden sich auf www.kirche-adelby.de.