Mit guten Filmen zum Nachdenken anregen

Seit mehr als 20 Jahren bringt Kirche und Kino in Recklinghausen monatlich Filme auf die Leinwand und ins Gespräch. Höhepunkt ist das Kirchliche Filmfestival. Doch warum engagiert sich Kirche hier?

as Team organisiert die Veranstaltungsreihe Kirche und Kino
as Team organisiert die Veranstaltungsreihe Kirche und KinoKK Recklinghausen

Sie sind eine der Veranstalterinnen der Reihe „Kirche und Kino“. Wieso haben Sie sich zu diesem Schwerpunkt im Kirchenkreis Recklinghausen entschieden?
Julia Borries: Wir suchen jedes Jahr nach Filmen und Themen, die Menschen bewegen. Das sind oft Filme über Lebensfragen, Sehnsüchte und Ideen von gelingendem Leben. Wir legen auf die filmische Arbeit wert, weil Filme einladen, eigene Positionen zu überdenken. Weil diese Art des Kinobesuchs befähigt, Filmsprache und Bildersprache zu entschlüsseln und damit noch mal anders „sehen“ zu lernen. Und auch, weil Filme beispielhaft Schicksale von Menschen aus anderen Kulturen veranschaulichen und den Blick für globale und interreligiöse Kontexte weiten.

Welche Filme stehen denn in den nächsten Wochen an, die Sie – auch im Hinblick auf Geschlechtersensibilität – empfehlen?
Am 6. September zeigen wir um 19.45 Uhr „20 000 Arten von Bienen“. Die Protagonistin ist Cocó, acht Jahre alt und sie versteht nicht, wieso sie alle bei ihrem Geburtsnamen Aitor ansprechen. Der Spitzname Cocó fühlt sich besser, aber auch nicht richtig an. Es geht in 125 Minuten um die Identitätssuche eines Kindes, um die Vielfalt des Frauseins und um einen vielleicht weniger augenfälligen Aspekt der Gender-Transition: die eigene Mentalität. Regisseurin ist die baskische Estibaliz Urresola Solaguren und der Film ist ihr Debut – sehr besonders.

Dann zeigen wir im November, passend zur ökumenischen Friedensdekade, die vom 12. bis 23. November unter dem Titel „Sicher nicht –oder?“ stattfindet, in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen und Gemeinden in Recklinghausen „Sieben Winter in Teheran“. Die Regisseurin und Autorin Steffi Niederzoll hat mit ihrem Werk unter anderem auf der 73. Berlinale (2023) den Friedensfilmpreis sowie den Kompass-Perspektive-Preis gewonnen. Sie verwendet darin original Bild- und Tonmaterial, das heimlich erstellt und aus dem Land geschmuggelt wurde, kombiniert es mit Privataufnahmen und Interviews von Familienmitgliedern, und verarbeitet es zu einem berührenden und erschreckend aktuellen Dokumentarfilm. Inhaltlich geht es um die Studentin Reyhaneh Jabbari, damals (2007) 19 Jahre alt, die in Teheran wegen Mordes zum Tode verurteilt wurde. In einem Akt der Selbstverteidigung hatte sie einen Vergewaltigungsversuch abgewehrt, indem sie den Täter erstach. Der Gerichtsprozess und das daraus resultierende Urteil sorgte international für Empörung und Proteste.

Haben Sie bei der Auswahl der Filme besonders auf Geschlechteraspekte geachtet oder ist es Zufall, dass bei vielen Filmen, die Sie in diesem Jahr zeigen, Frauen die Regie führen?
In der Tat sind in den meisten der ausgewählten Filme Frauen die Regisseurinnen. Das war bei der Auswahl nicht unser Ziel, aber es ist natürlich eine gute Entwicklung in der Filmbranche insgesamt. Die Forschung im Filmbereich zeigt, dass eine gezielte Förderung von Produzentinnen dazu beiträgt, dass nachweislich mit mehr Frauen als Headautorinnen und Regisseurinnen gearbeitet wird. Eine geschlechtergerechte Verteilung macht sich nie von selbst, sondern erfordert immer wieder eine bewusste, achtsame Auswahl.

• Informationen im Internet: kirchliches-filmfestival.de.