„Posaunenchor on Tour“: Seit über zehn Jahren treffen sich jeden Sommer etwa 20 Menschen zum Musizieren. Die Route variiert, es geht rund um Görlitz, also zum Beispiel nach Arnsdorf, Königshain, Förstgen und vielen weiteren Orten. Warum opfern Leute im Alter von 8 bis 68 Jahren ihren Urlaub, ihre Ferien für so ein aufwändiges Projekt? Nach einer Nacht im Massenquartier müssen sie früh raus, damit ab 9 Uhr am nächsten Ort etwa 15 Ständchen gespielt werden können. Also: 15 mal raus aus dem Fahrzeug, Noten geschnappt, sich vor eine Tür gestellt, dort vier Lieder gespielt, wieder rein ins Fahrzeug, weiterfahren – von 9 bis 12.30 Uhr. Nachmittags am See ausruhen. Abends: Anspielprobe, Gottesdienst mit Musik aus der ganzen Palette der Posaunenchor-Literatur: von Choral über Klassik, Jazz und Pop zu neuen Kirchenliedern – anspruchsvoll und nicht einfach abzudrücken.
Das Projekt gibt die Möglichkeit, intensiv spannende, emotionale Musik zu üben, zu gestalten, andere Instrumente auszuprobieren. Musik, die man nicht mal schnell im heimischen Posaunenchor einstudiert, weil Zeit oder Stimmen fehlen. Die Musik, in die man seine eigenen Ideen einbringen darf – alle dürfen Vorschläge machen. Nebenher also auch ein wenig Demokratietraining. Das beinhaltet den Sprung über den eigenen Schatten, um sich auf Neues einzulassen. Meistens wird es gut. Falls die Idee doch nicht so toll war, dann lassen wir sie. Wo geht das sonst?
In der Musik geht es nicht um Wettbewerb
10 Tage, 20 Menschen, die ganze Zeit analog – man kann da nicht einfach abschalten. Aber die Gruppe wächst zusammen. Aus dem zusammengewürfelten Haufen aus ganz Deutschland (manche aus Wolgast, Augsburg, Hannover …) wird ein Posaunenchor! Ein Ensemble, das nicht nur durch das viele gemeinsame Üben zueinander findet, sondern auch über die gemeinsame Zeit, das zusammen Aushalten, das Miteinanderlachen, Spielen, kurz: das Miteinanderleben! Hinterher sind manche bestimmt froh, nicht mehr mit 19 anderen einen Schlafsaal zu teilen, aber was für eine positive Gemeinschaft! Und: In der Musik geht es nie um Wettbewerb. Wir sind nur gut, wenn wir alle mitnehmen, wenn wir es gemeinsam schaffen. Es macht etwas mit der Musik, wenn man so gemeinsam lebt und die Erfolgserlebnisse teilt.

Und wir bereiten Freude. Vormittags stehen wir musizierend vor Menschen und wecken dabei so viele Erinnerungen, dass die Tränen das Gesicht herunterlaufen, dass manche uns ihre Erlebnisse erzählen oder überhaupt noch einmal etwas hören, weil sie sonst im Bett liegen. Man könnte direkt gleich mit emotional werden. Regelmäßig. Das betrifft besonders Volkslieder wie „Am Brunnen vor dem Tore“ oder „Im schönsten Wiesengrunde“. Nach dem Abendgottesdienst wird uns erzählt, dass man sich ja sonst manchmal wie in der Provinz fühle, aber heute – heute war man mittendrin. Mit der Musik und den Texten, die bewegen, vielleicht zum Nachdenken bringen. Wir kommen mit Mottos der Kirchentage, des Posaunentages, unseren eigenen Gedanken und Gefühlen zu bestimmten Themen. Jeder Gottesdienst ist etwas Besonderes.
Lieder erzeugen Emotionen
Wir machen mit unserer Musik Werbung für die Posaunenchorarbeit in Orten, wo Menschen immer noch glauben, dass Posaunenchöre langweilig sind. Wir machen Werbung für die Kirche in Orten, wo der Anteil der Kirchenangehörigen auf ein Minimum geschrumpft ist. Wir zeigen hoffentlich, was Kirche auch ist – mit unserer Musik, mit unseren Gedanken, mit der positiven Energie, die wir ausstrahlen. Nach der Tour zerstreut sich die Gruppe wieder. Oft setzt sofort der „Post-Bläserfahrts-Blues“ ein. So haben wir es genannt. Wenn man die intensive Gemeinschaft und die gute Musik vermisst. Aber wir wissen ja: Nächstes Jahr wieder. Bis dahin bringen wir neuen Wind in unsere Heimat-Posaunenchöre. Wir machen es nicht besser – nur anders. Und haben eine Woche intensives Training hinter uns, es geht also viel leichter. Gemeinsame Musik macht glücklich. Und es entsteht eine Erfahrung, die alle erleben sollten.
„Posaunenchor on tour“ ist unterwegs vom 28. Juli bis 3. August unter dem Motto „mutig – stark – beherzt“. Träger der Aktion sind die Evangelische Innenstadtgemeinde Görlitz, die Blech:Werk:Stadt Görlitz und der Verein zur Förderung der Posaunenchorarbeit in der schlesischen Oberlausitz. Die Gottesdienste mit Musik finden an folgenden Terminen statt: am 28. Juli um 19 Uhr in der Kirche Weinhübel, am 29. Juli um 18 Uhr in der Kirche Fredersdorf, am 30. Juli um 18 Uhr in der Kirche Kemnitz, am 31. Juli um 19 Uhr in der Kirche Diesa, am 1. August um 18 Uhr in der Kirche Zodel, am 2. August um 18 Uhr in der Kirche Förstgen und schließlich am 3. August um 10 Uhr im Lutherkirchenpark Görlitz. Weitere Informationen sind unter www.blaeserfahrt.de zu finden.
