Mit der Kamera für den Frieden

Der kurdische Filmemacher Karwan Ramadhan Jamiel hat in Schleswig-Holstein eine neue Heimat gefunden. Doch bisher kann er seine Ideen nur in kleinen Projekten verwirklichen.

Karwan Ramadhan Jamiel am Strand von St. Peter Ording, wo er einen Drehort für seinen nächten Film suchte
Karwan Ramadhan Jamiel am Strand von St. Peter Ording, wo er einen Drehort für seinen nächten Film suchteClaudia Steinseifer

St. Peter-Ording / Kiel. Vor fünf Jahren floh der Filmemacher und Schauspieler Karwan Ramadhan Jamiel vor Gewalt und Tod aus Kurdistan im Irak. In Deutschland versucht er seitdem, sich ein geordnetes Leben aufzubauen. Sein Beruf als Filmemacher würde ihm dabei helfen, doch seine Aufenthalts- und Arbeitsperspektive sind unsicher.
Jamiels Vater, Bruder und Cousins kämpfen in seiner Heimat gegen die Terrormiliz IS. „Ich wollte nicht in den Krieg. Eine Waffe bedeutet Tod und Zerstörung“, sagt er. „Ich kämpfe lieber mit meiner Kamera für den Frieden“. Der 30-Jährige hat in Kiel ein Zuhause gefunden. Er hat nur eine Duldung, die immer wieder verlängert werden muss und lebt seit fünf Jahren mit der täglichen Angst vor Abschiebung. Vier Jahre lang durfte er nicht arbeiten, bekam weder Deutsch- noch Integrationskurse genehmigt. Die Sprache brachte er sich selbst bei. Als Filmemacher kann er immer noch nicht arbeiten, weil er nicht freiberuflich tätig sein darf.

Kurzfilme mit Flüchtlingen

Jamiel nutzt die Zeit des Wartens für das Schreiben von Szenarios, von Drehbuch-Entwürfen. Sein Glaube schenkt dem Muslim Hoffnung und Kraft. Gerade erst hat er, zusammen mit deutschen Freunden, Fördergelder für einen Dokumentarfilm beantragt. Außerdem ist er als Schauspieler und Filmemacher Teil des Wandertheaters „Ich-Flüchtling“, das durch Schleswig-Holstein reist. Er hat extra für das Stück einen Film über die Brutalität des IS in Kurdistan gedreht. Mit „Ich-Flüchtling“ trat das Theater-Team im November sogar bei der Flüchtlingskonferenz des Landes vor Ministerpräsident Torsten Albig und Innenminister Stefan Studt auf.
In seiner freien Zeit dreht Jamiel auch gemeinsam mit geflüchteten Kollegen Kurzfilme. Mit geliehenen Kameras, eine eigene kann er sich nicht leisten. So entstand „Der Haken“, ein Film, den er bei dem Kurzfilm-Festival „99Fire-Films-Award“ einreichte.
In seinen Arbeiten geht es um verschiedene Facetten von Flucht, Frieden und eine bessere Welt ohne Krieg und ohne Blut. Er hofft auf eine Welt, in der alle Religionen brüderlich zusammenleben. „Gott hat uns die Welt geschenkt, damit wir darin leben, nicht einander töten“, sagt der Regisseur bestimmt.

An anderen Religionen interessiert

Derzeit arbeitet er an einem neuen Film-Szenario. „Es geht um einen Jungen, Sohn eines Imam, der aus dem Krieg, über das Meer, nach Deutschland flüchtet“, erzählt Jamiel. In Deutschland geht der Junge in eine Kirche, um dort beim Gebet Frieden zu finden. Ein Pastor findet ihn und nimmt ihn auf, bis er wieder mit seiner Familie vereint wird. „Mehr möchte ich nicht verraten“, sagt er lächelnd.
Schon als Kind hat sich der Filmemacher für andere Religionen interessiert und sich heimlich in Gottesdienste von Christen und Juden geschlichen. Auch in Kiel ist er schon öfter in eine Kirche gegangen, um dort das Gespräch zu suchen. Einmal lud ihn der Pastor ein, in die Kirche zu kommen, wenn er einen Ort des Gebets suche. Diese herzliche Offenheit hat Jamiel berührt. „Wir, alle Religionen, sind Kinder Adams, und gemeinsam sind wir stark gegen das Böse, für das Leben in einer besseren Welt ohne Grenzen und Vorurteile“, sagt er. „Wir brauchen gute Filme als Nahrung für unsere Köpfe und Herzen. Meine Filme sollen den Menschen Mut machen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, für ihre Zukunft in Frieden und Sicherheit.“