Mit dem Rad zu den schönsten Kirchen
Kirchen mit goldenen Kreuzen und Kapellen mit Wohnzimmerflair – ein neuer Ratgeber für Radfahrer gibt viele Tipps.
Lüneburg/Amt Neuhaus. Caroline George steigt vom Sattel und schiebt ihr Fahrrad in den Innenhof des Klosters Lüne bei Lüneburg. Kurz vor einem Torbogen läuft linkerhand aus einem Hahn Wasser in einen steinernen Brunnen. Er ist Teil eines ausgeklügelten Wassersystems rund um das 1172 gegründete frühere Benediktinerinnen-Kloster. "Wenn ich das Plätschern höre, ist das gleich eine andere Welt", sagt die Journalistin. Gemeinsam mit der Grafikerin Berit Neß will sie Radfahrern in Wort und Bild den Zauber von besonderen Orten nahe bringen.
In dem Buch "Radeln im Landkreis Lüneburg" beschreiben die Autorinnen "Acht Touren zu den schönsten Flecken und spannendsten Orten" (v. Stern Verlag), wie sie selbstbewusst versprechen. Nach Jahreszeiten und Themen unterteilt, geht es zumeist auf Rundwegen zum Beispiel "ab ins Blütenreich" des Amtes Neuhaus östlich der Elbe, wo die Straßen mit Obstbäumen gesäumt sind, entlang von Spargelfeldern und bis in die Heide.
Die Kirche mit der Überraschung
Kirchen und Kapellen gehören dabei bei jedem Weg zu den Stationen. "Wir haben Orte miteinander verknüpft, von denen wir denken, dass sie eine Bereicherung sind", sagt George: "Viele Alteingesessene haben uns erzählt, dass sie die Kleinode in ihrer Nähe oft gar nicht kennen."
Bevor die beiden den Radführer veröffentlichten, haben sie im Auftrag des evangelischen Kirchenkreises Lüneburg ein Buch über alle Kirchen der Region verfasst und dabei selbst viel entdeckt – in der St. Marienkirche in Tripkau zum Beispiel. Von außen wirke das Gemäuer mit seinem Schieferdach und dem Turm aus dem Jahr 1864 fast wie eine Burg, sagt Berit Neß. "Von innen könnte die Überraschung kaum größer sein." Seit 1998 prangen in der von dem Künstler Ludwig Ehrler neu ausgestalteten Kirche überall goldene Kreuze. "Da wird einem fast schwindelig."
Auch Regionalgeschichte greifen die Autorinnen auf, erzählen von der Entstehung der Lüneburger Heide oder der Besonderheit des Amtes Neuhaus an der Elbe, das vor der Wende zur DDR gehörte. Dieser Landstrich lasse sich kaum idyllischer erleben als im Hofcafé "Gelber Richard" in Konau, sagt Carolin George. Unter alten Apfel- und Birnbäumen servieren die Inhaber dort Säfte aus dem eigenen Obst. "Man kann sich kaum vorstellen, dass man noch vor 30 Jahren dort nicht hätte sitzen können."
Alle Wege selbst abgefahren
Konau gehörte ab 1952 zum DDR-Sperrgebiet, davon zeugen noch ein alter Wachturm und ein Stück Zaunanlage. Ausstellungen informieren dort auch über das dunkle Kapitel der Zwangsaussiedlungen an der innerdeutschen Grenze. "An der Elbe war ich vorher noch nie. Das war tabu", zitiert der Radführer einen Anwohner aus der Zeit nach der Grenzöffnung.
Neben der Elbmarsch zählt die Lüneburger Heide zu den bekanntesten Landschaften der Region. Die Autorinnen streifen diese Landschaft rund um Amelinghausen aber nur mit einem Abstecher. "Wir sind alle Wege selbst abgefahren", erläutert George. "Und die Heide lässt sich dort besser erwandern." Für die Touren bietet das mit vielen Bildern und mit Karten ausgestattete Buch Varianten zwischen knapp 20 und fast 300 Kilometern für eine Mehrtagesfahrt an. Alle Ausgangsstationen können mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden.
Auch Tipps für die Fahrt mit Kindern und Pausen bei Kaffee und Kuchen sind enthalten. Um zwischendurch Ruhe zu finden, eignen sich die Kirchen und Kapellen besonders gut, ist George überzeugt. Viele sind als "verlässlich geöffnet" ausgeschildert. Einige machen als "Radwegekirchen" spezielle Angebote. "Es gibt zum Beispiel frisches Wasser, Tee oder Kekse", sagt die 41-Jährige. "Das ist wie in einem Wohnzimmer – nur mit besonderem Flair." (epd)
Buchtipp
"Radeln im Landkreis Lüneburg, Acht Touren zu den schönsten Flecken und spannendsten Orten"
Carolin George und Berit Neß
v. Stern Verlag e. K. Lüneburg, 2018
100 Seiten
15 Euro